DE | EN | ES
 
 

Mandanteninformationen   

Januar 2022 Mandanteninformation als PDF downloaden

Einrichtungsbezogene COVID-19-Impfpflicht

Mit der Einführung des § 20a IfSG durch das „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie" haben Bundestag und Bundesrat am 10. Dezember 2021 beschlossen, dass Beschäftigte von Kliniken, Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen (MVZ, Arztpraxen etc.) bis zum Ablauf des 15. März 2022 einen Nachweis als Geimpfte oder Genesene erbringen müssen oder das Bestehen einer Kontraindikation gegen eine Impfung gegen Covid-19 nachweisen müssen.

Nachweispflichtige Personen

§ 20a IfSG knüpft bei der Nachweispflicht an das Tätigsein in Krankenhäusern an. Maßgeblich soll die Zeitspanne bzw. der Zeitraum sein, für den sich die Personen in den Krankenhäusern aufhalten. Eine Nachweispflicht besteht somit beispielsweise für medizinisches bzw. Pflege- und Betreuungspersonal, Hausmeister oder Transport-, Küchen- oder Reinigungspersonal sowie Schüler, Auszubildende oder Praktikanten. Von der Nachweispflicht ausgenommen sind hingegen z.B. Postboten oder Paketzusteller, Taxifahrer und Bestatter sowie Personen, die lediglich außerhalb des Krankenhauses am Gebäude Arbeiten durchführen.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes beschränkt sich die Regelung nicht auf eine „patientennahe" Tätigkeit, weshalb davon auszugehen ist, dass alle in Krankenhäusern tätigen Personen den Nachweis als Geimpfte oder Genesene oder einer Kontraindikation führen müssen. Allerdings stellt das Bundesgesundheitsministerium in den auf der Homepage veröffentlichten FAQs fest, dass eine Nachweiserbringung in Fällen, in denen sicher kein Patientenkontakt besteht, nicht erforderlich sei, sofern dies mit dem zuständigen Gesundheitsamt abgestimmt wurde.

Mit Blick auf die Abweichungen der Ausführungen des Bundesgesundheitsministeriums zum Gesetzeswortlaut ist zu empfehlen, dass jeder Fall gesondert überprüft und von einer pauschalierenden Beurteilung Abstand genommen wird.

Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit sowie Nichtvorlage der Nachweise

Sollten Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit der Nachweise bestehen, ist die Leitung des jeweiligen Krankenhauses gem. § 20a Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 2 oder Abs. 4 S. 2 IfSG dazu verpflichtet, unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt darüber zu benachrichtigen, dass der Nachweis nicht vorgelegt wurde. Dies gilt auch für den Fall, dass der Nachweis gänzlich nicht vorgelegt wurde. Dabei sind dem Gesundheitsamt die personenbezogenen Daten der beschäftigten Person zu übermitteln. Kommt die Krankenhausleitung dieser Pflicht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nach, kann sie gem. § 73 Abs. 1a Nr. 7e IfSG mit einem Bußgeld i.H.v. bis zu 2.500 € sanktioniert werden.

Vorgehen der Gesundheitsämter nach der Information eines Krankenhauses über Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des Nachweises

Nachdem das Gesundheitsamt von einem Krankenhaus über dessen Zweifel an der Echtheit bzw. inhaltlichen Richtigkeit eines Nachweises informiert wurde, wird es die entsprechende Person dazu auffordern, ihren Nachweis zu erbringen oder eine ärztliche Untersuchung, ob die betroffene Person aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden kann, anordnen. Sollte dem nicht (ordnungsgemäß) nachgekommen werden, kann das Gesundheitsamt ein behördliches Betretungs- und Tätigkeitsverbot aussprechen.

Folgen eines fehlenden Nachweises ab dem 16. März 2022

Für Beschäftigte, die schon vor dem 15. März 2022 im Krankenhaus tätig waren (§ 20a Abs. 2 IfSG), tritt bei Fehlen des erforderlichen Nachweises weder eine automatische Arbeitsunfähigkeit noch ein Tätigkeitsverbot ein, sofern das Gesundheitsamt ein solches Verbot noch nicht ausgesprochen hat (erst dann ist eine unbezahlte Freistellung möglich). Anders verhält es sich bei Personen, die ab dem 16. März 2022 in Krankenhäusern tätig werden sollen (§ 20a Abs. 3 IfSG): Für diese Personengruppe gilt ein automatisches Tätigkeitsverbot. Erfolgt dennoch eine Tätigkeit, liegt eine Ordnungswidrigkeit der Krankenhausleitung nach § 73 Abs. 1a Nr. 7g IfSG vor, die mit einer Geldbuße bis zu 2.500 € geahndet werden kann.

Möglichkeit einer Kündigung von Personen, die ihre Nachweise nicht vorlegen?

Auch bei der Möglichkeit der Kündigung von Personen, die ihre Nachweise nicht vorlegen, ist zwischen schon vor dem 15. März 2022 im Krankenhaus Tätigen und ab dem 16. März im Krankenhaus Tätigen zu unterscheiden. Eine Kündigung bei Personen, die ab dem 16. März tätig werden sollen, ist bereits wegen Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (nicht erfüllte Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG) und im Regelfall mit verkürzter Kündigungsfrist in der Probezeit möglich. Außerdem ist zu empfehlen, bei Neueinstellungen den Nachweis nach § 20a Abs. 2 S. 1 IfSG als aufschiebende Bedingung vorzusehen, so dass gar kein Arbeitsverhältnis zustande kommt.

Bei Personen, die bereits vor dem 15. März 2022 im Krankenhaus tätig waren, ist zu beachten, dass die „Impfverweigerung" kein gesonderter Kündigungstatbestand ist, sondern die allgemeinen Grundsätze gelten.

Grundsätzlich kommt eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht, da der Nachweis einer vollständigen Impfung bis zum Ablauf des 15. März 2022 voraussichtlich eine vertragliche Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag (§ 241 Abs. 2 BGB) darstellt. Voraussetzung hierfür dürfte der Ausspruch mindestens einer vorherigen Abmahnung sein; es empfiehlt sich hier außerdem, den betroffenen Arbeitnehmern (der Impfstatus kann bereits abgefragt werden) bereits vor dem 15. März 2022 nachweisbar und unmissverständlich klar zu machen, dass eine Verweigerung des Nachweises nach § 20a Abs. 2 S. 1 IfSG vom Arbeitgeber keinesfalls akzeptiert wird und eine Kündigung nach sich ziehen wird. In Betracht kommt auch eine vorweggenommene Abmahnung, wenn bereits vor dem Ablauf des 15. März 2022 sicher ist, dass der Arbeitnehmer den Impfnachweis nicht mehr erbringen kann und weder eine Genesung noch eine Kontraindikation vorliegen.

Bei einer nicht per se auszuschließenden personenbedingten Kündigung ist problematisch, dass die Regelung zur Impfpflicht nach dem heutigen Stand zum 31. Dezember 2022 wieder aufgehoben werden soll. Damit wäre das Erfordernis der Prognose, dass eine dauerhafte störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten ist, nicht erfüllt.

Aufgrund der Tatsache, dass ein Verstoß des Bestands-Arbeitnehmers gegen § 20a Abs. 1 IfSG nicht zu einem (sofortigen) Betretungs- oder Tätigkeitsverbot führt, dürfte eine das Arbeitsverhältnis sofort beendende außerordentliche Kündigung ausscheiden. Der Pflichtenverstoß dürfte hier nicht so schwer wiegen, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Es ist zu empfehlen, bereits jetzt den Impfstatus abzufragen, (wiederholt) zur Impfung aufzufordern, hierzu ggf. eine Frist zu setzen und auf etwaige arbeitsrechtliche Konsequenzen hinzuweisen.

Offene Fragen und Anpassungsbedarf

Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat am 22. Januar 2022 beschlossen, dass es einer Umsetzungszeit bedarf, bis ein einzelfallbezogenes Verfahren zur Umsetzung des § 20a IfSG eingerichtet ist. Erst danach können die ggf. erforderlichen Betretungs- oder Tätigkeitsverbote rechtssicher angeordnet und sanktioniert werden.

Das Bundesgesundheitsministerium soll nun gemeinsam mit den Ländern unverzüglich alle offenen Vollzugsfragen durch Vollzugshinweise einschließlich der notwendigen Abwägungskriterien abstimmen, welche die Gesundheitsämter bei der Ausübung ihres Ermessensspielraums im Sinne eines bundeseinheitlichen Vollzugs leiten sollen. Beispielhaft seien genannt die Reichweite des Anwendungsbereichs des § 20a Abs. 1 IfSG, die Prüfung von Nachweisen und Ausnahmetatbeständen, die Anhörung der betroffenen Beschäftigten, die rechtssichere Einbindung der Arbeitgeber, die Art und Geltungsdauer der Sanktionen sowie die Frage einheitlicher Kontrollen. Darüber hinaus wäre eine engere Definition des Personenkreises erforderlich, der zwingend der Impfpflicht unterliegen soll sowie die Prüfung eines abgestuften Verfahrens mit einer vorgeschalteten Bußgeldbewehrung und einem nachgeschalteten Tätigkeitsverbot.