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Abgabe von Fertigarzneimitteln umsatzsteuerfrei? – das BMF hat sich positioniert

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat nun das seit langer Zeit angekündigte Schreiben zur Umsatzbe-steuerung von Fertigarzneimitteln auf seiner Homepage am 15. Dezember 2022 veröffentlicht (GZ III C 3 - S 7170/20/10001 :001).

Kernaussagen

Die für eine ambulante Heilbehandlung im Krankenhaus unentbehrliche Abgabe von (Fertig-)Medikamenten ist umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 14b UStG. Nach der Auf-fassung des BMF soll dies auch für Begleitmedikamente gelten. Ein Vorsteuerabzug nach § 15 UStG ist nicht mehr möglich. Die Steuerfreiheit erstreckt sich auf alle noch offenen Veranlagungen.

Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn für Umsätze, die vor dem 01.01.2023 ausgeführt werden, weiterhin von einer Steuerpflicht ausgegangen wird. Bei gemeinnützigen Krankenhäusern ist in diesen Fällen der ermäßigte Steuer-satz von 7 % gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG anzuwen-den. Der Vorsteuerabzug bleibt erhalten.

Für die Abrechnung von zu hohen Steuerbeträgen gegen-über Patienten, die bei einer privaten Krankenkasse (PKV) versichert sind, gibt es hinsichtlich der Rechnungsberichtigung eine Billigkeitsregelung. Ein zivilrechtlicher Vergleich zwischen dem Krankenhaus und der PKV kann wie eine Rechnungsberichtigung im Sinne des § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG behandelt werden, wenn im Rahmen der entspre-chenden Vereinbarung die jeweiligen Rechnungen, mit denen ursprünglich über die dem Vergleich zugrundelie-genden Leistungen gegenüber den Versicherten abgerechnet worden sind, jeweils eindeutig benannt werden (z.B. als tabellarische Anlage).

Als Berichtigungsvolumen kommt nur der Betrag in Be-tracht, der auf einem Anspruch der Krankenversicherung beruht. Soweit die Krankenkasse nur eine anteilige Kos-tenerstattung an den Patienten vorgenommen hat, kann auch nur der entsprechende anteilige Betrag der in der Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer berichtigt wer-den. Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Vergleichsbetrag den zivilrechtlichen Anspruch nicht über-steigt.

Voraussetzung für eine umsatzsteuerliche Berücksichtigung des Vergleichs ist eine vorherige Zahlung des Vergleichsbetrages.

Situation ab dem 1. Januar 2023

Spätestens ab 1.Januar .2023 hat die Abgabe der Fertigarzneimittel zwingend umsatzsteuerfrei zu erfolgen. Sofern Abrechnungszentren eingeschaltet sind, sollten diese schnellstmöglich über die Steuerfreiheit ab 1. Januar 2023 informiert werden.

Zudem ist zu prüfen, ob bestehende Arzneimittelversorgungsverträge nach § 129a SGB V angepasst werden müssen. Sinnvoll ist in diesem Zusammenhang die Auf-nahme entsprechender Steuerklauseln für den Fall, dass die Finanzverwaltung in der Zukunft aufgrund von Rechtsprechung rückwirkend wieder zur Steuerpflicht zurückkehrt. Das Krankenhaus muss für dieses Szenario in der Lage sein, die Umsatzsteuer nach-zufordern. Die nun veröffentlichte Auffassung des Bun-desministeriums der Finanzen zur Umsatzsteuerfreiheit von Fertigarzneimitteln ist höchstrichterlich nicht durch den Bundesfinanzhof bestätigt.

Fazit und offene Fragen

Durch das aktuelle BMF-Schreiben ist zumindest grund-sätzlich die Frage geklärt, wie Fertigarzneimittel umsatz-steuerrechtlich von den Finanzbehörden künftig zu behan-deln sind.

Nicht beantwortet ist in diesem Zusammenhang, ob Fer-tigarzneimittel im Krankenhaus verabreicht werden müssen oder ob nur deren Abgabe im Krankenhaus erfolgen muss sowie, ob die Steuerfreiheit unabhängig von der der konkreten Leistungserbringung angenommen werden kann. Unklar ist auch, ob der Erlass Medikamentenabgaben im Rahmen von Heilbehandlungen von ermächtigten Chefärzten betrifft.

Ab der Veröffentlichung dieses BMF-Schreibens empfiehlt es sich, die Bestandskraft von noch offenen Veranlagun-gen zu verhindern, ggf. mittels entsprechender Rechtsbe-helfe. Anderenfalls droht eine Pflichtverletzung im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche, welche von den Krankenkassen geltend gemacht werden können.

Es bleibt abzuwarten, ob die sozial- und steuerrechtliche Rechtsprechung die Positionierung des BMF bestätigt.