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Reichweite des BSG-Urteils zum Outsourcing

Das BSG hat mit Urteil vom 26. April 2022 – B 1 KR 15/21 R entschieden, dass Krankenhäuser wesentliche Leistungen ihres Versorgungsauftrags nicht auf Dritte auslagern dürfen. Konkret ging es um ein Krankenhaus mit dem Versorgungsauftrag für Strahlentherapie, welches keine betreffende Fachabteilung mehr betrieb, sondern die Bestrahlung durch eine in unmittelbarer Nähe befindliche ambulante Strahlentherapiepraxis erbringen ließ. Inzwischen liegt die Urteilsbegründung vor.

Ort der Leistungserbringung entscheidend

Wichtig ist zunächst, dass die BSG-Entscheidung nur für die Leistungserbringung außerhalb des Krankenhauses gilt. Das BSG grenzt die allgemeinen Krankenhausleistungen nach  § 2 Abs. 1 KHEntgG von den Drittleistungen nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG ab. Maßgeblich für die Abgrenzung ist der Ort der Leistungserbringung. Werden die Leistungen in den vom Krankenhaus selbst genutzten und organisierten/administrierten Räumen erbracht, liegen keine Drittleistungen vor. Für diese originären Krankenhausleistungen ist nach ständiger Rechtsprechung maßgeblich, ob die Voraussetzungen für den Einsatz von Fremdpersonal erfüllt sind, insbesondere ob die jederzeitige Verfügbarkeit des zur Erfüllung des Versorgungsauftrags notwendigen ärztlichen Personals im Krankenhaus durch die Bestimmungen des Kooperationsvertrags hinreichend rechtlich gesichert ist. Das BSG nimmt hier explizit Bezug auf die Rechtsprechung des BVerwG (Urt. v. 26. Februar 2020 – 3 C 14.18). Für die Leistungserbringung „im Krankenhaus“ bringt die die BSG-Entscheidung damit keine neue Einschränkung mit sich.

Regelmäßige und planvolle Auslagerung unzulässig

Für die Behandlung außerhalb der Krankenhausräumlichkeiten gilt, dass Krankenhäuser zwar auch Leistungen Dritter abrechnen können, die für Behandlungen von ihnen veranlasst wurden (siehe § 2  Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG). Das Gesetz erlaube es jedoch nicht, dass das Krankenhaus wesentliche der von seinem Versorgungsauftrag umfassten Leistungen regelmäßig und planvoll auf Dritte auslagert, die nicht in seine Organisation eingegliedert sind. Wie zu erwarten war, stützt sich das BSG insoweit u. a. auf die Formulierung in § 2 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG („im Einzelfall“), auf die in Satz 2 verwiesen wird („unter diesen Voraussetzungen“). Das Maß der notwendigen personellen, räumlichen und medizinisch-technischen Ausstattung bestimmt sich dabei nach dem erteilten Versorgungsauftrag.

Unterstützende und ergänzende Leistungen sind keine wesentlichen Leistungen

Wesentlich sind alle Leistungen, die in der jeweiligen Fachabteilung regelmäßig notwendig sind – mit Ausnahme unterstützender und ergänzender Leistungen, wie etwa Laboruntersuchungen oder radiologische Untersuchungen. Kooperationen mit externen Laboren oder Radiologen sind also weiterhin zulässig.

Nicht jede Leistung innerhalb des Versorgungsauftrags wesentlich!

Ferner sind auch nicht alle Leistungen innerhalb des Versorgungauftrags wesentlich. Vielmehr richtet sich die Leistungsfähigkeit nach der Art der Versorgung, die nach den Vorgaben des Krankenhausplans vom Krankenhaus geleistet werden soll. Laut BSG ist hierfür nach den im Krankenhausplan vorgesehenen Versorgungsstufen zu unterscheiden, wobei das BSG unerwähnt lässt, dass nicht mehr alle Krankenhauspläne Versorgungsstufen planen. Wörtlich heißt es:

 „Die Konzentration auf einzelne, eine bestimmte medizinisch-technische und/oder personelle Ausstattung erfordernde Leistungen ist nicht ausgeschlossen, solange die wesentlichen Leistungen des Versorgungsauftrages selbst erbracht werden können. So verlangt der erteilte Versorgungsauftrag „Innere Medizin“ für ein Krankenhaus der Grundversorgung nicht, dass das Krankenhaus auch in der Lage sein muss, Stentimplantationen als eine von vielen Leistungen des Fachgebietes durchzuführen. Die Kooperation mit einem anderen Krankenhaus höherer Versorgungsstufe, in das die Patienten für diese Leistung verbracht werden, stellt die Leistungsfähigkeit des Krankenhauses nicht grundsätzlich in Frage.“

Eine genauere Definition der wesentlichen Leistungen nimmt das BSG ausdrücklich nicht vor.

Abschließende Bewertung

Nach Lektüre der Urteilsbegründung lässt sich somit festhalten:

  • Das BSG-Urteil zum Outsourcing betrifft nur Leistungen, die außerhalb der Räumlichkeiten des Krankenhauses erbracht werden.

  •  Wesentliche Leistungen für den Versorgungsauftrag dürfen nicht regelmäßig und planvoll ausgelagert werden. Unterstützende oder ergänzende Leistungen (wie Radiologie und Labor) sind definitiv keine wesentlichen Leistungen.

  • Nicht alle Leistungen innerhalb des Versorgungsauftrags sind wesentlich. Insofern kommt es auf die konkrete Krankenhausplanung des Bundeslandes an.

Vor diesem Hintergrund ist es empfehlenswert, alle Kooperationsleistungen, die außerhalb des Krankenhauses erbracht werden, auf die Vereinbarkeit mit der neuen BSG-Rechtsprechung zu überprüfen.