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Februar 2020 Mandanteninformation als PDF downloaden

5. Dezember 2019, Az: 3 C 28.17 Bundesverwaltungsgericht: § 15 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG ist auf im Vereinbarungszeitraum erstmals vereinbarte NUB anwendbar

Hintergrund

Mit Mandanteninformation vom Dezember 2019 informierten wir Sie an dieser Stelle darüber, dass das Bundesverwaltungsgericht die Revisionen der beigeladenen Kostenträger gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 27. Oktober 2017, Az. 13 A 2563/17, zurückgewiesen hat.

Nunmehr liegt die Begründung des Bundesverwaltungsgerichts vor.

Entscheidung des BVerwG

Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt die vom Kläger von Anfang an vertretene Rechtsauffassung, dass § 15 Abs. 3 KHEntgG auch auf erstmals im Vereinbarungszeitraum vereinbarte NUB anwendbar ist.

Es folgt nicht der vom Oberverwaltungsgericht Münster in seinem Urteil vom 27. Oktober 2017, Az. 13 A 2563/17, vertretenen Auffassung, dass der Wortlaut des § 15 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG neue NUB-Entgelte nicht erfasse, weil sie im Vorjahr noch nicht vereinbart gewesen seien und deshalb nicht „weitererhoben" würden. Der Wortlaut der Norm stehe einer Anwendbarkeit auf erstmals vereinbarte NUB-Entgelte nicht entgegen.

Bei den NUB handle es sich um krankenhausindividuelle Entgelte im Sinne des § 15 Abs. 2 KHEntgG. Es ergebe sich – auch aus den Gesetzesmaterialien – kein Hinweis, dass die NUB vom Anwendungsbereich des § 15 Abs. 2 KHEntgG ausgenommen sein sollten.

Die Formulierung „Mehr- oder Mindererlöse infolge der Weitererhebung der bisherigen Entgelte" lasse sich auch dahingehend auslegen, dass die für das Vorjahr vereinbarten Entgelte insgesamt in Bezug genommen sind. Der Wortlaut des § 15 Abs. 1 und 2 KHEntgG stütze die Auslegung, dass auch Mindererlöse, die sich aus der Nichterhebung erstmals vereinbarter Entgelte ergeben, auf der Weitererhebung der für den vorherigen Vereinbarungszeitraum geltenden Entgelte beruhen. Hierfür spreche auch die Vorgängerfassung des § 15 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG, der ausdrücklich die erstmals vereinbarten Entgelte in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbeziehe. Eine inhaltliche Änderung habe der Gesetzgeber mit der Neufassung der Regelung durch das KHRG nicht bezweckt.

Auch aus dem Regelungszweck der Vorschrift ergebe sich diese Auslegung. Das Krankenhaus solle durch den Zahlbetragsausgleich so gestellt werden, wie es stehen würde, wenn die für das Kalenderjahr vereinbarten oder festgesetzten Entgelte rechtzeitig genehmigt worden wären und von ihm ab Beginn des Vereinbarungszeitraums hätten abgerechnet werden können. Der Ausgleich stelle sicher, dass dem Krankenhaus die von ihm im Rahmen seines Versorgungsauftrages erbrachten Leistungen letztlich auch vergütet würden.

Es sei kein Sachgrund ersichtlich, die NUB-Entgelte von diesem Ausgleich auszunehmen. Eine Beschränkung des Anwendungsbereiches auf bereits im Vorjahr vereinbarte Entgelte würde bedeuten, dass eine bloße Differenz zur Entgelthöhe des Vorjahres ausgleichsfähig sei, was nicht überzeuge.

Zudem könnte das Krankenhaus davon abgehalten werden NUB einzusetzen, wenn es damit rechnen müsse, dass diese nicht vergütet werden, was nicht im Interesse einer hochwertigen, patienten- und bedarfsgerechten Krankenhausversorgung, die den medizinischen Fortschritt berücksichtige (§ 1 Abs. 1 KHG, § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) liege.

Aus den Beschleunigungsregelungen des § 6 Abs. 2 Satz 4 KHEntgG ergebe sich nichts Anderes. Hiermit solle eine frühere Finanzierung der NUB gewährleistet werden. Es lasse sich daraus jedoch nicht ableiten, dass § 15 Abs. 3 KHEntgG auf neue NUB-Entgelte keine Anwendung finden solle. Dafür finde sich weder in § 6 Abs. 2 KHEntgG noch in den Gesetzesmaterialien ein Hinweis.
Für die Anwendbarkeit von § 15 Abs. 3 KHEntgG auf die NUB-Entgelte spreche zudem das in § 6 Abs. 2 Satz 3 bis 5 KHEntgG vorgesehene Verfahren. Da danach das vereinbarte NUB-Entgelt frühestens ab dem 1. Februar erhoben werden könne, bestehe ohne die Einbeziehung neuer NUB-Entgelte in den Ausgleich nach § 15 Abs. 3 KHEntgG stets eine Finanzierungslücke für Leistungen, die im Januar erbracht werden. Verzögere sich die Genehmigung, z.B. wegen eines Schiedsstellenverfahrens zusätzlich, vergrößere sich auch die Finanzierungslücke. Es sei aber nicht erkennbar, dass dieser Vergütungsausfall vom Normgeber bezweckt sei; die Einfügung des § 6 Abs. 2 Satz 6 KHEntgG zeige eher das gegenteilige gesetzgeberische Anliegen, die Finanzierung der NUB sicherzustellen.

Der Anwendbarkeit stehe auch nicht entgegen, dass die NUB weder zum Erlösbudget noch zur Erlössumme gehören. Damit unterlägen sie zwar nicht dem Mengenausgleich nach § 4 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 4 KHEntgG. Daraus lasse sich aber nicht ableiten, sie wären auch vom Ausgleich nach § 15 Abs. 3 KHEntgG ausgenommen. Dieser habe einen anderen Regelungszweck.

Zudem werde diese Auslegung durch den mit dem GKV-VSG eingeführten § 137h Abs. 3 Satz 3 SGB V gestützt. Dieser erklärt § 15 Abs. 3 KHEntgG für die Zeit zwischen Anfrage und Genehmigung der Leistungen bzw. Entgelte für entsprechend anwendbar. Da diese Regelung über die Laufzeitregelung des § 15 Abs. 2 Satz 2 KHEntgG hinausgehe, weil er nicht auf die Genehmigung abstellt, sondern bereits auf den Zeitpunkt der Anfrage nach § 6 Abs. 2 Satz 3 KHEntgG, habe es insoweit einer gesonderten Regelung bedurft. Der Gesetzgeber habe mithin keine Bedenken, § 15 Abs. 3 KHEntgG i.V.m. § 5 Abs. 4 KHEntgG auf (neue) NUB-Entgelte anzuwenden.

Fazit

Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt die vom Kläger und vielen anderen Krankenhäusern in der Vergangenheit vertretene Auffassung, dass auch die erstmals im Vereinbarungszeitraum vereinbarten NUB-Entgelte in den Zahlbetragsausgleich nach § 15 Abs. 3 KHEntgG einzubeziehen sind.

Damit wird ein in der Vergangenheit häufig streitiges Thema, das aufgrund der unveränderten zeitlichen Abläufe des NUB-Verfahrens nach § 6 Abs. 2 Satz 3 – 5 KHEntgG weiterhin besteht, rechtlich überzeugend zugunsten der leistungserbringenden Krankenhäuser abschließend geklärt. Die Kostenträger haben in den Budgetverhandlungen keine Argumentation mehr an der Hand, um diesen Ausgleich, der aufgrund des Umstandes, dass die NUB häufig auch kostenintensive Leistungen sind, für die Krankenhäuser eine hohe finanzielle Relevanz hat, abzulehnen. Für die Krankenhäuser heißt es, die in der Zeit zwischen dem Beginn des Vereinbarungszeitraums und der Genehmigung der neuen NUB-Entgelte erbrachten Leistungen nachvollziehbar zu dokumentieren, damit sie im Ausgleich nach § 15 Abs. 3 KHEntgG berücksichtigt werden können.