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SG Dresden und SG Meiningen entscheiden zur Verjährung von Aufwandspauschalen

Mit seiner Entscheidung vom 23. Juni 2015, Az. B 1 KR 24/14, stellte das BSG fest, dass ein Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c SGB V (bereits jetzt § 275c Abs. 1 SGB V) auch dann besteht, wenn zwar im Ergebnis des Prüfverfahrens seitens des MD zunächst eine Abrechnungsminderung behauptet wird, diese sich aber im Ergebnis eines gerichtlichen Klageverfahrens als unzutreffend erweist und die Abrechnung des Krankenhauses nachträglich bestätigt wird. Infolge dieser Entscheidung wurden seitens der Krankenhäuser im Anschluss an erfolgreich geführte Klageverfahren Aufwandspauschalen geltend gemacht.

Seitens des SG Dresden und des SG Meiningen wurde in zwei aktuellen Entscheidungen die Frage beantwortet, wann für diese nachträglich abgerechneten Aufwandspauschalen die Verjährung zu laufen beginnt. Streitig waren in dem Verfahren vor dem SG Dresden mehrere Aufwandspauschalen zu stationären Behandlungen aus den Jahren 2012 bis 2014, die mit Blick auf ein Musterverfahren zunächst ruhend gestellt wurden. Das Krankenhaus obsiegte in dem geführten Musterverfahren erstinstanzlich. Zweitinstanzlich wurde ein Vergleich geschlossen, mit dem die Krankenkasse sich zur vollständigen Zahlung der Forderung im Gegenzug für eine etwas günstigere Kostenregelung verpflichtete. Die ruhend gestellten Musterverfahren endeten im Anschluss jeweils durch Abgabe eines Anerkenntnisses seitens der Krankenkasse. Alle Verfahren wurden im Jahr 2018 beendet.

Im Jahr 2021 machte das Krankenhaus jeweils die Aufwandspauschalen geltend. Die Krankenkasse erhob die Einrede der Verjährung und verweigerte die Zahlung der Aufwandspauschale. Daraufhin erhob das Krankenhaus Klage mit der Begründung, dass die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung der Aufwandspauschalen frühestens zu dem Zeitpunkt zu laufen beginnen könnte, zu dem erstmals sicher feststand, dass es nicht zu einer Rechnungsminderung kam (= Zeitpunkt des Vergleichsschlusses bzw. des Anerkenntnisses). Die Krankenkasse behauptete, dass maßgeblich für den Zeitpunkt des Verjährungsbeginns die Rechnungslegung durch das Krankenhaus sei, zumindest aber der Zeitpunkt der Einleitung des Prüfverfahrens bzw. der Abschluss des Prüfverfahrens.

Das SG Dresden bestätigte mit seiner Entscheidung vom 08. Juni 2023, Az. S 30 KR 1042/21, die Auffassung des Krankenhauses. Maßgeblich für den Beginn der Verjährung sei der Zeitpunkt, zu dem die gesetzlich bestimmten Voraussetzungen des Anspruchs vorliegen. Frühestens zu diesem Zeitpunkt sei der Anspruch fällig. Die Voraussetzungen des § 275 Abs. 1c SGB V wären frühestens mit Abschluss des jeweiligen gerichtlichen Verfahrens vollständig erfüllt gewesen, d. h. mit Annahme der Anerkenntnisse bzw. mit Annahme des Vergleichsvorschlags. Erst zu diesem Zeitpunkt stand objektiv fest, dass es in den streitigen Abrechnungsfällen zu keiner Minderung des Abrechnungsbetrages kommen würde. Zuvor war diese Frage aufgrund des ursprünglich für das Krankenhaus negativen Ausgangs des Prüfverfahrens noch offen.

Die Entscheidung des SG Dresden ist mittlerweile rechtskräftig.

Das SG Meiningen hatte dagegen am 23. Juni 2023, Az. S 22 KR 1016/22, über einen Fall zu entscheiden, in dem die Aufwandspauschale im Ergebnis einer rechtskräftigen erstinstanzlichen Entscheidung geltend gemacht wurde. Auch in diesem Verfahren erhob die Krankenkasse die Einrede der Verjährung und behauptete das Verjährungsbeginn bereits der Zeitpunkt der Rechnungslegung durch das Krankenhaus wäre. Auch das SG Meiningen bestätigte unsere Auffassung und kam zu dem Ergebnis, dass maßgeblich für den Beginn der Verjährung der rechtskräftige Abschluss des gerichtlichen Verfahrens sei, wenn zuvor das Prüfverfahren für das Krankenhaus negativ verlief und das Krankenhaus seinen Anspruch erst gerichtlich durchsetzen musste. Diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Fazit

Beide Gerichte liegen mit ihrer Entscheidung auf einer Linie mit anderen instanzgerichtlichen Entscheidungen (z.B. SG Hildesheim vom 05. März 2020, Az. S 40 KR 67/17 und SG Berlin vom 10. März 2021, Az. S 28 KR 1751/18 WA). Offen ist nach wie vor die Frage, ob der Anspruch auf die Aufwandspauschale der zweijährigen Verjährungsfrist gemäß § 109 Abs. 5 SGB V oder der allgemeinen vierjährigen sozialrechtlichen Verjährungsfrist gemäß § 45 SGB I unterfällt. Über diese Frage ist derzeit das Revisionsverfahren vor dem BSG zu dem Aktenzeichen B 1 KR 13/23 R anhängig.