In seiner Entscheidung vom 18. Juni 2025 (B 6 KA 4/24 R) bekräftigt das BSG die bisherige Tendenz der Rechtsprechung, wonach die Zusatz-Weiterbildung Schlafmedizin nicht ausreichend ist für eine qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung.
Ausgangslage
Die schlafmedizinische Versorgung umfasst diagnostische und therapeutische Leistungen zur Abklärung schlafbezogener Störungen – insbesondere mittels kardiorespiratorischer Polygraphie (EBM-GOP 30900) und kardiorespiratorischer Polysomnographie (GOP 30901).
Zahlreiche Arztgruppen können diese Leistungen erbringen, sofern sie über die Zusatz-Weiterbildung „Schlafmedizin" verfügen. Diese Qualifikation war ursprünglich mit einer 18-monatigen Weiterbildung verbunden, wird aber nach der aktuellen Muster-Weiterbildungsordnung ohne verbindliche Mindestweiterbildungszeit verliehen. Die Zusatzweiterbildung steht zudem Ärzten verschiedener Fachrichtungen offen (z. B. Allgemeinmedizin, Innere Medizin, HNO, Neurologie), was ihren Charakter als fachübergreifendes Querschnittsfach unterstreicht.
Eine Sonderbedarfszulassung zur vertragsärztlichen Versorgung darf nach der Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) erteilt werden, wenn ein lokaler oder qualifikationsbezogener Sonderbedarf festgestellt wird (§§ 36, 37 BedarfsplRL).
Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Juni 2025
Das BSG hat mit Urteil vom 18. Juni 2025 (Az. B 6 KA 4/24 R) entschieden, dass kein lokaler Sonderbedarf „Schlafmedizin" gegeben ist, da im konkreten Fall kein Versorgungsdefizit für die gesamte Breite der jeweiligen Facharztgruppe innerhalb eines im Übrigen überversorgten Planungsbereichs bestehe. Ein Defizit bei einzelnen spezialisierten Leistungen genügt dazu nicht.
Für eine Sonderbedarfszulassung im Bereich „Schlafmedizin" kommt daher nur ein qualifikationsbezogener Sonderbedarf in Betracht. Hierfür ist nach § 37 Abs. 2 Satz 2 BedarfsplRL Voraussetzung, dass eine Zusatz-Weiterbildung dem Inhalt eines Schwerpunktes, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde nach der ärztlichen Weiterbildungsordnung in zeitlichem und qualitativem Umfang gleichsteht.
Die Zusatz-Weiterbildung „Schlafmedizin" erfülle nach dem BSG diese Anforderungen nicht, da sie inzwischen keine Mindestweiterbildungszeit mehr vorsehe und in der Vergangenheit nur 12 bis 18 Monate umfasste.
Rechtliche Konsequenz
Das BSG sieht in den Regelungen in der Bedarfsplanungsrichtlinie keinen Verstoß gegen höherrangiges Recht. Defizite in der schlafmedizinischen Versorgung könnten im Einzelfall unter anderem durch die Erteilung von Ermächtigungen vermieden werden.
Fazit
Die Entscheidung des BSG schließt damit aus, dass neue Vertragsarztsitze oder Anstellungen allein wegen der Zusatz-Weiterbildung „Schlafmedizin" genehmigt werden.
Bemerkenswert ist hierbei, dass das BSG eine Versorgungslücke im Bereich der Polysomnographie als nicht sonderbedarfsrelevant einstuft, obwohl die ärztliche Leistung vielerorts seit Jahren durch wiederholt befristete Ermächtigung erbracht wird. In einem Fall der Unterzeichnerin wurden über 25 Jahre hinweg immer wieder befristete Ermächtigungen erteilt.
Dies legt einen die vorhandenen Versorgungsangebote übersteigenden Bedarf für schlafmedizinische Leistungen und eine strukturelle Versorgungslücke nahe. Für diese Fälle wäre aus systematischer Sicht nach dem Wortlaut des § 36 Abs. 5 S. 2 BedarfsplRL, wonach ein vorübergehender Bedarf durch eine Ermächtigung aufgefangen werden kann, sowie aufgrund des Grundsatzes des Vorrangs der Zulassung vor der Ermächtigung (vgl. etwa BSG, Urteil vom 17. Juni 2009, B 6 KA 38/08 R (m.w.N.)) eine Sonderbedarfszulassung besser geeignet, um den dauerhaften Bedarf zu decken.
Das BSG hat sich in seiner Entscheidung vom 18. Juni 2025 gegen diese Lösung entschieden. Es liegt nun an Normgeber, den systematischen Bruch durch eine Reform der §§ 36, 37 BedarfsplRL aufzulösen.