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§ 6 Abs. 2 KHEntgG, § 137c Abs. 3 SGB V: NUB-Entgelt für EndoBarrier in Brandenburg zugesprochen


Die Schiedsstelle Brandenburg hat am 13. November 2015 einer Klinik ein Entgelt nach § 6 Abs. 2 KHEntgG für die neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode (NUB) EndoBarrier zugesprochen.

Beim EndoBarrier handelt sich um eine minimal-invasive Methode, bei der ein Kunststoffschlauch in den oberen Dünndarm implantiert wird, der die Darmwand abdecken soll. Ziel ist die schnelle Absenkung des Blutzuckerwertes und eine Gewichtsreduktion bei konservativ austherapierten, adipösen Typ-2-Diabetikern (BMI ≥ 30).

Parallelverfahren

Die Schiedsstellen in Hessen und Berlin hatten am 25. Oktober 2015 sowie am 12. November 2015 ein Entgelt für das EndoBarrier abgelehnt.
Die Schiedsstellenverfahren sind von einiger Bedeutung, weil erstmals auf Grundlage des neuen § 137c Abs. 3 SGB V über das „Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative" befunden wurde.

Wir referieren hier zunächst über das am 13.November 2015 erzielte Ergebnis und die ausgetauschten Argumente. Zur Begründung der Schiedsstelle werden wir nach Vorliegen des schriftlichen Beschlusses wieder berichten.

Prüfungsintensität und -maßstab

Maßgebliche Fragen im Verfahren am 13. November 2015 waren, ob das NUB-Verfahren das erforderliche Potential für eine alternative Behandlungsmethode gemäß § 137c Abs. 3 SGB V aufweist und welche Prüfungsintensität bzw. welchen Prüfungsmaßstab die Krankenkassen bzw. die Schiedsstelle in diesem Zusammenhang anzuwenden haben.

Die Kostenträger forderten eine umfassende Prüfung der neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auf Grundlage der Verfahrensordnung des G-BA, die die Schiedsstelle anwenden müsse. Diese Auffassung hat sich offensichtlich nicht durchgesetzt.

Weiter dürfte anhand des Ergebnisses klar sein, dass die Schiedsstelle Brandenburg das Potential der erforderlichen Behandlungsalternative gesehen hat.
Einzelheiten werden den Gründen der drei Schiedssprüche zu entnehmen sein.

Off Label Use

Für sich genommen interessant sind die „Pirouetten" zum Thema Off Label Use. Die Kassen haben sich – dem Ver-nehmen nach zunächst in allen drei Verfahren – darauf berufen, dass die vorsorglich vorgesehene Gabe von Protonenpumpeninhibitoren (PPI, z.B. Omeprazol) als Off Label Use anzusehen sei und zur Unzulässigkeit der Leistungserbringung führe.

In dem zuletzt verhandelten Verfahren am 13. November 2015 in Potsdam zogen die Kassen diesen Einwand in Gänze zurück.

Festzuhalten ist: Ein Off Label Use setzt denklogisch die Abweichung von einer Zulassung voraus. Die Zulassung von Arzneimitteln ist in den §§ 21 ff. des Arzneimittelgesetzes (AMG) geregelt. Sinn und Zweck des AMG ist gemäß § 1 AMG die Sicherheit der sich im Verkehr befindlichen Arzneimittel. Inverkehrbringen ist gem. § 4 Abs. 17 AMG u.a. die Abgabe an andere. Man sollte annehmen, dass es zum arzneimittelrechtlichen Grundwissen gehört, dass die Anwendung am Patienten im Rahmen der Krankenhausbehandlung kein Inverkehrbringen darstellt und somit nicht der arzneimittelrechtlichen Zulassung bedarf. Dies dürfte den GKV-Kassen in Berlin und Brandenburg auch klar sein. Sie vereinbaren seit langem sog. "Passus", wonach die Kliniken im Falle einer Off Label-Prüfung auf die Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V verzichten. Das macht nur dann Sinn, wenn Off Label Use grundsätzlich nicht zum Vergütungsausschluss im stationären Bereich führt; sonst fiele ja keine Aufwandspauschale an. Daher haben die NUB-Verfahren eine wichtige Klärung auch für die Thematik Off Label Use gebracht.

Empfehlung und weiteres Vorgehen:

Trotz divergierender Entscheidungen können solche und ähnliche NUB weiter beantragt und gefordert werden. Die Verfahren sind sämtlich nicht abgeschlossen und unterliegen im weiteren Verlauf der Prüfung durch die Genehmigungsbehörden.