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Bundesverwaltungsgericht zur Kalkulation von Entgelten nach § 6 KHEntG (Urteil vom 25. Oktober 2018 - 3 C 22.16)

Das Bundesverwaltungsgericht hat im jetzt veröffentlichten Urteil vom 25.10.2018 zur Vereinbarung und Festsetzung von Entgelten nach § 6 KHEntgG mehrere Aussagen getroffen.

1. Ausgangsfall (SST Hessen, VGH Kassel)

Der Krankenhausträger beantragte für das Jahr 2007 vor der Schiedsstelle (SST) mehrere tagesbezogene Entgelte (u.a. DRG A43-2007). Er legte dazu eine Kalkulation und das Formular E 3.3 vor. Die Kassen legten keine eigene Kalkulation vor, erhoben aber (nach Auffassung der Gerichte) substantiierte Einwendungen. Die Schiedsstelle sprach die beantragten Entgelte zu und führte aus, die Kalkulation sei sachgerecht, eine Gegenkalkulation liege nicht vor und überdies richte sie sich nach der SST-Festsetzung für das Vorjahr 2006, zu der lediglich eine Preissteigerung gefordert werde. Zu den Einwänden der Kassen sagte die Schiedsstelle konkret nichts.

Das Verwaltungsgericht hob den Bescheid auf Klage einer Krankenkasse auf.  Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte das Urteil: Der Vorjahresfestsetzung komme keine Bindungswirkung zu, weil die Entgelte zwischen den Parteien gem. § 6 Abs. 1 Satz 1, 2 KHEntgG für jedes Jahr neu zu kalkulieren seien. Die SST habe wesentlichen Vortrag des Klägers (Kasse) nicht vollständig zur Kenntnis genommen bzw. nicht in ihre Überlegungen einbezogen.

2. Entscheidung des BVerwG:

Das BVerwG bestätigt die Aufhebung des Genehmigungsbescheides und somit die Klage der Kasse. Was eine sachgerechte Kalkulation sei, werde im Normtext nicht weiter konkretisiert. Die Kalkulationsempfehlung für NUB nach § 6 Abs. 2 gelte nicht für die Entgelte nach § 6 Abs. 1 KHEntgG.Zu fordern seien (Rn. 19)

-       Kalkulation nach allgemeinen wirtschaftlichen Grundsätzen

-       Krankenhausindividuell, d.h. bezogen auf die Leistungs- und Kostensituation des konkreten Krankenhauses

-       Medizinische Leistungsgerechtigkeit und Sicherung der wirtschaftlichen Betriebsführung

-       Lediglich Ansatz pflegesatzfähiger Kosten gem. § 2 Nr. 5, § 17 KHG.

In diesem Rahmen hätten die Vertragsparteien einen Bewertungsspielraum. Es sei jedes Jahr neu zu verhandeln. Die Vertragsparteien könnten vereinbaren, dass die Entgelte auf Basis der für das Vorjahr geltenden Entgelte fortgeschrieben werden (Rn. 20).

Die SST ist verpflichtet, rechtliches Gehör zu gewähren. Dies gelte unabhängig davon, ob die Schiedsstelle als Behörde einzustufen sei (Rn. 23). Die Schiedsstelle ist weiter gehalten, die Entscheidung zu begründen (Rn. 27). Die Anforderungen seien vergleichbar denen bei Erlass eines Verwaltungsakts. Die SST könne ggf. offenlassen, ob Einwendungen gegen einzelne Positionen der Kalkulationsunterlagen begründet seien und einen leistungsgerechten Gesamtbetrag festsetzen. Die Grundlagen der Kompromissentscheidung müsse sie dann aber in den Gründen des Schiedsspruches deutlich machen (Rn. 29). Danach sei der Schiedsspruch vom 18. März 2011 rechtswidrig. Die Begründung lasse nicht erkennen, dass sich die SST mit den substantiierten Einwendungen des Klägers (Kasse) auseinandergesetzt habe (Rn. 30).

3. Bewertung

Das Urteil bringt einige verfahrensrechtliche Klärungen (rechtliches Gehör, Begründungspflicht). Inhaltlich wird die jährliche Neuvereinbarung der krankenhausindividuellen Entgelte hervorgehoben. Eine „harte“ Bindung an die Vorjahresentgelte wird inzident wohl verworfen.

Eine Orientierung am Vorjahr im Sinne einer Fortschreibung ist den Parteien und somit wohl auch der SST erlaubt. Ob die SST ohne Einverständnis beider Parteien pauschal fortschreiben darf, ist wohl als offen zu bezeichnen. Die Notwendigkeit der Substantiierung der Kalkulation und der Einwände hiergegen wird hervorgehoben, aber nicht näher ausgeformt. Dies ist letztlich darin begründet, dass das BVerwG im Gesetz keine konkreten Maßstäbe für die Kalkulation vorfindet. Für die praktische Umsetzung heißt das: Beide Parteien müssen davon ausgehen, dass gründlich kalkuliert werden muss; denn von der Möglichkeit eines pauschaleren Ansatzes, einer „Kompromissentscheidung“ und/oder der Fortschreibung der Vorjahresentgelte wird die Schiedsstelle ggf. erst im Beschluss selbst (nach Schluss der mündlichen Verhandlung) Gebrauch machen. Hierauf können sich die Parteien also nicht verlassen. Für die Schiedsstellen ergibt sich erhöhter Begründungsaufwand. Ansonsten bleiben viele Fragen offen, was indes am sehr rudimentären Gesetzestext liegt.