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BSG: Die Kassenärztliche Vereinigung darf die Gewährung von Abschlagzahlungen (ausschließlich) für MVZ in Trägerschaft einer GmbH nicht von der Vorlage einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft abhängig machen.

Das Bundessozialgericht hat am 7. September 2022 (Az.: B 6 KA 10/21 R) entschieden, dass das Verlangen einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft zur Gewährung von Abschlagszahlungen nur von bestimmten MVZ unzulässig ist. Die bisherige Praxis, eine solche Bürgschaft nur von MVZ-GmbHs zu fordern, deren Gesellschafter nicht ausschließlich natürliche Personen sind, stellt nach Auffassung des Senats eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar. Die Revision der klägerischen MVZ-GmbH hatte Erfolg.

Hintergrund

Die Abrechnungsbestimmungen der KV Bayern verlangen von MVZ in Trägerschaft einer GmbH eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft zur Sicherung etwaiger Rückforderungen. Konkret sieht die aktuelle Satzung der KVB vor, dass Abschlagszahlungen auf das Quartalshonorar nur nach Vorlage einer Bankbürgschaft in Höhe von fünf Abschlagszahlungen geleistet werden. Eine solche Bankbürgschaft ist für die MVZ-GmbHs u.a. mit teilweise hohen Kosten (marktüblich ist zumindest ein Prozent des Bürgschaftsvolumens) verbunden.

Entscheidung der Vorinstanzen

Das bayerische Landessozialgericht hatte mit Urteil vom 07.10.2020 (L 12 KA 37/19) diese Praxis zunächst bestätigt. Die Regelung in der Satzung der KVB zur Beibringung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft sei zulässig. Die Vorinstanzen sahen keinen Verstoß gegen höherrangiges Recht. Sie stützten ihre Entscheidung zunächst darauf, dass es keinen Anspruch auf Abschlagszahlungen gebe. Wenn aber eine KV Abschlagszahlungen gewährt, so stehe dieser ein weiter Ermessensspielraum hinsichtlich der Gestaltung zu. Das bayerische LSG berief sich zudem auf ein eigenes früheres Urteil (vom 26.07.2017 – L 12 KA 17/15), das auf die Unterscheidung zwischen der Zulassung nach § 95 Absatz 6 Satz 1 SGB V und der Abrechnungsebene eingeht. Die Forderung einer Bankbürgschaft zur Ermöglichung von Abschlagszahlungen tangiere nicht die Zulassung, sondern allein die Abrechnungsebene. Die ungleiche Behandlung der MVZ je nach Trägerschaft wurde mit einem unterschiedlichen Haftungsrisiko bei natürlichen Personen (die mit ihrem Privatvermögen haften würden) und juristischen Personen begründet.

Entscheidung des BSG

Das Bundessozialgericht hat den Vorinstanzen nun widersprochen. Das BSG sieht eine Ungleichbehandlung. Die geänderten Abrechnungsbestimmungen der KVB differenzieren zu Unrecht zwischen MVZ-Trägerschaften, deren Gesellschafter ausschließlich natürliche Personen sind, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist. Zwar bestätigt das BSG, dass die KVen in der Ausgestaltung ihrer Abrechnungsbestimmungen einen weiten Gestaltungsspielraum haben. Dieser wird – so das BSG – bei der Forderung einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft jedoch überschritten. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung liegt nicht vor.

Auch die Gesellschaft haftet mit ihrem gesamten Gesellschaftsvermögen, sodass eine ungleiche Behandlung nicht gerechtfertigt ist. Dass die Gesellschafter nur begrenzt für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften, ist dabei unbeachtlich. Offenbar konnte die KVB auch keine Anhaltspunkte dafür vorbringen, dass Rückforderungen gegen die Trägergesellschaften der MVZ häufig erfolglos wären. Schließlich weist das BSG darauf hin, dass auch die Vorschrift zur MVZ-Zulassung (§ 95 Absatz 2 Satz 6 SGB V) nicht die Vorlage einer Bankbürgschaft verlangt oder zwischen juristischen und natürlichen Personen als Gesellschaftern unterscheidet.

Bewertung und Folgen der Entscheidung

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts ist zu begrüßen, da das bisherige Vorgehen einiger KVen „überzogen" und - wie das BSG jetzt festgestellt hat - auch rechtswidrig war. Die Bankbürgschaften stellten eine große Belastung für die betroffenen MVZ dar und sind nicht erforderlich, da die Abschlagszahlungen ohnehin nicht in voller Höhe des anteiligen Honoraranspruchs erfolgen und eine Sicherung eventueller Rückforderungen überflüssig ist. Meist besteht sogar eine hohe Differenz zwischen Abschlagszahlung und tatsächlich von der KV zu überweisendem Honorar. Allerdings steht die vollständige Begründung der Entscheidung noch aus, sodass noch nicht feststeht, wie das BSG eine generelle Vorlagepflicht einer Bankbürgschaft bei Abschlagszahlungen (für alle MVZ) bewertet.