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Einführung neuer Straftatbestände zur Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen (§§ 299a, 299b StGB) im Frühjahr 2016

Die Strafbarkeit von Vertragsärzten nach §§ 332, 334 (Bestechlichkeit und Vorteilsgewährung von Amtsträgern) und § 299 Abs. 1 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr) wurde bisher seitens des BGH verneint (BGH v. 29. März 2012, Az. GSSt 2/11, Vertragsärzte-Entscheidung), da Vertragsärzte weder Amtsträger (Voraussetzung einer Strafbarkeit nach §§ 332, 334 StGB) noch Beauftragte des geschäftlichen Betriebs der GKV seien (Voraussetzung einer Strafbarkeit nach § 299 StGB). Gleichwohl betonte der BGH, dass es sich um grundsätzlich sanktionswürdiges Verhalten handele. Eine Strafbarkeit setze aber eine entsprechende Regelung durch den Gesetzgeber voraus.

1. Einführung der §§ 299a, 299b StGB

Diese Regelungslücke soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nun durch die Einführung der §§ 299a, 299b StGB geschlossen werden. Damit soll die Möglichkeit geschaffen werden, „korruptiven Praktiken" im Gesundheitswesen mit strafrechtlichen Mitteln entgegenzutreten und hierdurch den Wettbewerb und das Vertrauen der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen zu schützen.

In der jetzt vorgelegten Fassung wird § 299a StGB (Bestechlichkeit im Gesundheitswesen) wie folgt gefasst:

(1) Wer als Angehöriger eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial


1. einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge oder
2. seine berufsrechtliche Pflicht zu Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze,


wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Angehöriger eines Heilberufs im Sinne des Absatzes 1 einen Vorteil dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind, seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze.

§ 299b StGB regelt spiegelbildlich zur Bestechlichkeit die Bestechung - also die Strafbarkeit auf Geberseite - im Gesundheitswesen.

2. Tatbestandsmerkmale

2.1. Täterkreis

Zum Täterkeis des §§ 299aStGB gehören alle Angehörigen eines Heilberufs, für den die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert. Im Einzelnen betrifft dies Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendtherapeuten, Apotheker sowie Angehörige der Gesundheitsfachberufe (Physiotherapeuten, Ergotherapeuten u.a.) Zum Täterkreis des § 299b StGB gehört jeder, der eine der Tathandlungen gegenüber einem Angehörigen eines Heilberufs nach § 299a StGB vornimmt.

2.2. Vorteilsbegriff

Vorteile im Sinne der Tatbestände sind alle materiellen oder immateriellen Zuwendungen, unabhängig davon, ob sie an den Angehörigen des Heilberufs oder einen Dritten gewährt werden. Der Vorteilsbegriff erfasst alle Zuwendungen, auf die der Empfänger keinen Rechtsanspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder soziale Lage verbessern.

Zu den materiellen Vorteilen gehören bspw. Einladungen zu Kongressen, Übernahme von Kosten für Fortbildungen, Einräumung von Vermögens- oder Gewinnbeteiligungen oder Gelegenheiten zum Abschluss von Verträgen, z. B. im Rahmen von Anwendungsbeobachtungen.

Zu den immateriellen Vorteilen gehören bspw. Ehrenämter und Ehrungen, wobei der Gesetzentwurf hier - und an vielen anderen Stellen - erhebliche Probleme im Hinblick auf die Bestimmbarkeit strafbaren Verhaltens bereitet.

2.3. Unrechtsvereinbarung

Drittes wesentliches Tatbestandsmerkmal ist die sogenannte Unrechtsvereinbarung; der Vorteil muss also als Gegenleistung für eine zukünftige unlautere Bevorzugung gefordert, versprochen oder angenommen werden. Voraussetzung dafür ist eine dahingehende ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber.

Eine solche unlautere Bevorzugung soll nach der bislang gängigen Definition vorliegen, wenn sie geeignet ist, Mitbewerber unter Umgehung der Regeln des Wettbewerbs und durch Ausschaltung der Konkurrenz zu schädigen.

3. Ausblick

Das Strafbarkeitsrisiko für am Gesundheitsmarkt tätige Personen steigt enorm. Trotz allseits erhobener Kritik an der konkreten Ausgestaltung der Tatbestände und massiver Bedenken an deren Verfassungsmäßigkeit wird es zur Einführung der §§ 299a, 299b StGB kommen und damit in der Vergangenheit strafloses Handeln zukünftig einer entsprechenden Sanktionierung unterliegen. Die Unbestimmtheit der Normen wird vor allem die Bewertung im Einzelfall erschweren, welches Verhalten noch zulässig ist und wo konkret die Strafbarkeit beginnt. Infolgedessen wird mit einem Anstieg von Ermittlungsverfahren zu rechnen sein.
Insbesondere bereits bestehende Kooperationsvereinbarungen, Verträge über Vermögens- oder Gewinnbeteiligungen, Sponsoring-Verträge etc. sollten daher vorsorglich einer eingehenden Prüfung unterzogen werden, um das Risiko strafrechtlicher Konsequenzen so weit wie möglich zu beschränken.