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Ausschluss der Überweisungsbefugnis für ermächtigte Ärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen durch den BMV-Ä zum 1. Oktober 2013

Mit Wirkung zum 1.10.2013 wurde der BMV-Ä geändert. Der neue BMV-Ä, der zukünftig beide Bundesmantelverträge in einem vereint, wurde erst am 27.09.2013 im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht.

Überweisungsverbot für ermächtigte Ärzte und Einrichtungen

Neben weiteren Änderungen enthält § 24 BMV-Ä eine Neuregelung zur Überweisungsbefugnis für ermächtigte Ärzte und Einrichtungen, auf die wir Sie aufmerksam machen wollen. § 24 Abs. 2 S. 4 BMV-Ä lautet:

„Überweisungen durch ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen und ermächtigte Ärzte sind zulässig, soweit die Ermächtigung dies vorsieht; in der Ermächtigung sind die von der Überweisungsbefugnis umfassten Leistungen festzulegen."

Damit wird faktisch ein Überweisungsverbot für die Ärzte und Einrichtungen ausgesprochen, bei denen sich die Überweisungsbefugnis nicht direkt aus dem Ermächtigungsbescheid ergibt.

Betroffen sind:

  -    Ermächtige Ärzte sowie ermächtigte Ärzte in Krankenhäusern und in
       sonstigen 
Einrichtungen (§ 116 SGB V i. V. m. § 31 Ärzte-ZV)

  -    Ermächtigte Dialysepraxen (Anlage 9.1 BMV-Ä)

  -    Institutsambulanzen

  -    Ermächtigte Psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118 Abs.1 SGB V)

  -    Sozialpädiatrische Zentren

  -    Hochschulambulanzen

  -    Geriatrische Institutsambulanzen

Unvereinbarkeit der Regelung mit Bundesrecht

Ermächtigte Ärzte und Einrichtungen sind aufgrund der bestehenden Regelungen in § 95 Abs. 4 SGB V, § 31 Ärzte-ZV generell überweisungsbefugt.

Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KVS) hatte 2011 bereits im Alleingang versucht, ein generelles Überweisungsverbot für ermächtigte Ärzte und Einrichtungen auszusprechen und ist damit gescheitert.

Das Sozialgericht Dresden (Beschluss v. 14.03.2012, Az. S 18 KA 237/11 ER, bestätigt durch SG Dresden, Beschluss v. 23.03.2012, Az. S 11 KA 257/11) hat dazu ausgeführt:

„Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin (KVS) bedürfen ermächtigte Ärzte und Einrichtungen keiner ausdrücklichen Rechtsgrundlage in den Bundesmantelverträgen, um gesetzlich krankenversicherte Patienten an Vertragsärzte zu überweisen.

... Im Umfang der Ermächtigung treten damit die ermächtigten Ärzte im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung an die Stelle zugelassener Vertragsärzte und sind diesen gleichgestellt. Daraus folgt, dass grundsätzlich ermächtigte Ärzte und Einrichtungen bei der Behandlung gesetzlich versicherter Patienten keinen anderen Rechten und Pflichten unterliegen als Vertragsärzte, soweit nicht die Ermächtigung ihre Tätigkeit zeitlich, räumlich, ihrem Umfang nach oder durch Überweisungsvorbehalte [d. h. wer darf an die Ermächtigten überweisen, sog. Facharztfilter] gemäß § 31 Abs. 7 Ärzte-ZV zulässig beschränkt. Beschränkungen der Überweisungsbefugnis [d. h. an wen dürfen die Ermächtigten überweisen] gehören nicht zu den in § 31 Absatz 7 Ärzte-ZV genannten Bestimmungen des Inhalts der Ermächtigung." (Klammerzusätze durch uns)

Das BSG hatte bereits in seiner Entscheidung vom 20.03.1996, Az. 6 RKa 21/95, zugunsten einer Laborärztin entschieden, dass ein Überweisungsverbot einen Eingriff in den vertragsärztlichen Status darstellt, der einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedarf. Eine solche gibt es nicht.

Die Regelung eines Überweisungsverbots in §  24 Abs. 2 S. 4 BMV-Ä ist damit rechtswidrig. Den Vertragspartnern des BMV-Ä fehlt eine Ermächtigungsgrundlage für das Überweisungsverbot.

Empfehlung

Wir empfehlen, weiterhin Überweisungen auszusprechen, da die Ärzte berufsrechtlich zur Überweisung verpflichtet sind. In den Berufsordnungen der Länder ist eine Regelung enthalten, wonach sie  rechtzeitig andere Ärztinnen und Ärzte hinzuzuziehen oder ihnen die Patientin oder den Patienten zur Fortsetzung der Behandlung zu überweisen haben, soweit dies für die Diagnostik und Therapie erforderlich ist (§ 7 Abs. 3 MBO-Ä).

Diejenigen Leistungserbringer, die auf Überweisung eines ermächtigten Arztes oder einer ermächtigten Einrichtung tätig werden, sollten gegen Absetzungen in ihren Honorarbescheiden aufgrund angeblich fehlender Überweisungsbefugnis Widerspruch einlegen. Hierbei unterstützen wir Sie gern.

Wir empfehlen weiter, Ihre Ermächtigungsbescheide daraufhin zu überprüfen, ob bereits spezielle Überweisungsbefugnisse enthalten sind, was in der Regel nicht der Fall sein dürfte. Sodann ist vorsorglich umgehend an die Zulassungsausschüsse heranzutreten und – mit Verweis die neue Regelung - die Aufnahme einer umfassenden Überweisungsbefugnis zu beantragen. Sofern Ermächtigungen wegen ablaufender Befristung ohnehin neu zu beantragen sind, sollte ein entsprechender Verlängerungsantrag um einen Antrag auf Erteilung einer umfassenden Überweisungsbefugnis ergänzt werden.

Da im Sozialgerichtsgesetz eine Normenkontrolle nicht explizit geregelt ist, kann die Überprüfung von Regelungen in Kollektivverträgen regelmäßig nur inzident im Rahmen einer Klage gegen den Ausführungsakt überprüft werden.

Für weitere Auskünfte und Beratung zu den Rechtsschutzmöglichkeiten stehen wir gern zur Verfügung.