Seit dem 22. September 2023 liegt der Arbeitsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz – KHVVG) vor. Die Diskussion um die Krankenhausreform wird damit an Fahrt aufnehmen. Überbrückungshilfen sieht der Entwurf nicht vor, dafür aber gravierende Neuregelungen für die Qualitätssicherung und damit in Zusammenhang stehend auch die Krankenhausplanung sowie die Krankenhausvergütung. Im Folgenden soll ein erster Überblick gegeben werden.
Mindestanforderungen an die Qualität der Krankenhausbehandlung
In einem neuen § 135e SGB V sollen Mindestanforderungen an die Qualität der Krankenhausbehandlung geregelt werden. Zur Festlegung der Qualitätskriterien werden die Leistungen der Krankenhausbehandlung in Leistungsgruppen eingeteilt. Nach dem Vorbild des Krankenhausplans NRW werden folgende Anforderungsbereiche vorgesehen:
Der Entwurf folgt damit 1:1 den Qualitätskriterien nach dem Krankenhausplan NRW. Es verwundert daher nicht, dass bis zum Inkrafttreten eigener Leistungsgruppen und Qualitätskriterien, die das BMG mit Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnung festlegen soll, die Leistungsgruppen und Qualitätskriterien aus dem Krankenhausplan NRW gelten sollen. Schon an dieser Stelle zeigt sich der enge Zusammenhang von Qualitätskriterien und Krankenhausplan.
Bemerkenswert ist auch, dass die Prüfung der Einhaltung der Qualitätskriterien durch den Medizinischen Dienst (MD) zu erfolgen hat (§ 275a SGB n.F.). Auch die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde muss laut Arbeitsentwurf für die Zuweisung von Leistungsgruppen den MD mit den Qualitätsprüfungen beauftragen. Auf die umfangreichen weiteren Neuregelungen zur MD-Prüfung kann an dieser Stelle aus Platzgründen nicht eingegangen werden.
Zuweisung von Leistungsgruppen
Der Entwurf regelt des Weiteren, dass nach einem neuen § 6a KHG die Landeskrankenhausplanung den zugelassenen Krankenhäusern standortbezogene Leistungsgruppen zuweist. Die zuständigen Landesbehörden können von den Qualitätskriterien Ausnahmen für die Dauer von einem Jahr oder für Sicherstellungshäuser vornehmen.
Bestimmten Krankenhäuser können im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen Koordinierungs- und Vernetzungsaufgaben zugewiesen werden, insbesondere für Großschadenslagen und telemedizinische Versorgungsnetzwerke. Sie sollen hierfür einen Zuschlag nach § 3j KHEntgG n.F. erhalten.
Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen
Die Landeskrankenhausplanung soll gem. § 6b n.F. außerdem diejenigen Krankenhäuser bestimmen, die über ihren stationären Versorgungsauftrag hinaus sektorenübergreifende Leistungen erbringen sollen. Dieser neue Leistungssektor soll in § 115g SGB V n.F. geregelt werden. Hier findet sich eine beispielhafte Aufzählung sektorenübergreifender Leistungen und auch die Möglichkeit, dass bestimmte Leistungen unter pflegerischer – nicht ärztlicher – Leitung erbracht werden können. In diesem Zusammenhang wird auch die „medizinisch-pflegerische Versorgung" als neue Form der Krankenhausbehandlung geregelt (siehe § 115h SGB V n.F.).
Für die Vergütung der sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen soll ein neues krankenhausindividuelles Tagesentgelt geregelt werden (§ 6c KHEntgG n.F.), welches auch die Pflegepersonalkosten umfasst. Es muss hierfür ein eigener Erlösbetrag vereinbart werden, der an den Veränderungswert gebunden ist (Ausnahmen: Kostensteigerungen beim Pflegepersonal und Leistungsveränderungen). Hierfür gelten spezielle Erlösausgleiche (60 Prozent Mindererlösausgleich, 65 Prozent Mehrerlösausgleich und 100 Prozent Ausgleich der Pflegepersonalkosten).
Vorhaltevergütung
Wie der Bundesgesundheitsminister mehrfach kundgetan hat, will er eine Entökonomisierung der Krankenhäuser erreichen. Zentrale Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der neuen Vorhaltevergütung zu, die in einem neuen § 6b KHEntgG geregelt werden soll. Die Krankenhäuser sollen für jede Leistungsgruppe ein Vorhaltebudget erhalten. Dieses errechnet sich aus neuen Vorhaltebewertungsrelationen, die mit dem Landesbasisfallwert multipliziert werden. Es findet ein 100-prozentiger Ausgleich statt. Nach einer budgetneutralen Einführung der Vorhaltevergütung soll sich in den Jahren 2027 und 2028 eine Konvergenzphase anschließen.
Wie zu erwarten, kommt dem InEK eine wichtige Rolle bei der Einführung der Vorhaltevergütung zu. Nach § 17b Abs. 4b KHG n.F. sollen im Grundsatz jährlich 60 Prozent aus den bundeseinheitlichen Bewertungsrelationen für die DRG-Fallpauschalen ausgegliedert werden (hierin sind die Pflegepersonalkosten enthalten). Die DRG-Fallpauschalen werden also nicht abgeschafft. Ob sie ökonomisch an Bedeutung verlieren werden, ist allerdings fraglich, denn: Je geringer der Preis, desto mehr Bedeutung hat die Menge.
Spezielle Förderbeträge für Pädiatrie u.a.
Schließlich sollen spezielle Förderbeträge für die Bereiche Pädiatrie, Geburtshilfe, Stroke Unit, Spezielle Traumatologie und Intensivmedizin geregelt werden (siehe § 39 SGB V n. F.).
Bewertung
Eine abschließende Bewertung fällt schwer, da noch kein Begründungsentwurf der Regelungen vorliegt. Schon jetzt kann aber davon ausgegangen werden, dass das Gesetz im Hinblick auf die Regelungen zur Qualitätssicherung starken verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt ist, da es in die Planungshoheit der Länder eingreifen könnte. Eine Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht wurde vom Freistaat Bayern bereits angekündigt, Die Vorschriften zur neuen Vorhaltevergütung haben experimentellen Charakter und können in ihren Auswirkungen noch nicht abgeschätzt werden. Insgesamt wird das KHVVG – sollte es denn in dieser Form in Kraft treten – massive Auswirkungen auf die Krankenhauslandschaft haben.