DE | EN | ES
 
 

Mandanteninformationen   

Juni 2017 Mandanteninformation als PDF downloaden

Der Gesetzgeber und die Gerichte reagieren auf das Spiel der Krankenkassen mit den sog. „Reha-Daten".

Der Gesetzgeber hebt sie auf, das SG Nürnberg lässt den Einwand fehlender „Reha-Daten" nicht gelten!

Zum 11.04.2017 ist das HHVG in Kraft getreten. Neben anderen Regelungen wurde § 301 Abs. 1 Nr. 8 SGB V geändert und die Übermittlung von sog. „Reha-Daten" an die Krankenkassen aus dem Gesetz gestrichen.

Die sog. „Reha-Daten" wurden in der Vergangenheit von manchen Krankenkassen dazu genutzt, die Fälligkeit von Krankenhausrechnungen zu bestreiten. Zudem wurden MDK-/SMD-Prüfungen trotz bereits abgelaufener Prüffristen nach § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V oder der PrüfvV mit dem Argument eingeleitet, wegen einer unvollständigen Datenlieferung seien die Fristen nicht in Gang gesetzt worden. Die Krankenkassen beriefen sich dabei auf Urteile des BSG u. a. zur geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung (Urteil vom 10.03.2015, Az. B 1 KR 4/15 R) sowie darauf, dass in den jeweiligen Behandlungsfällen angeblich Rehabilitationsleistungen erbracht worden wären. In den vielen von uns bearbeiteten Streitfällen konnte noch keine Krankenkasse nachvollziehbar darlegen, dass und warum z. B. im Rahmen einer Akutbehandlung erbrachte Physio- oder Ergotherapieleistungen im Rahmen der Mobilisation nach einer Operation eine medizinische Rehabilitation darstellen sollen. Eine beliebte, aber mangels Regelungskompetenz unzutreffende Begründung der Krankenkassen lautet, dass alle Leistungen, welche in Anhang A zu Anlage 2 der Datenübermittlungsvereinbarung nach § 301 Abs. 3 SGB V aufgeführt sind, „Reha-Leistungen" seien.

Die Knappschaft tat sich in diesem Zusammenhang besonders hervor und drohte einigen Krankenhäusern alle Behandlungsfälle der zurückliegenden Jahre strittig zu stellen und (erneut) zu prüfen. Den betroffenen Krankenhäusern wurde sodann aber angeboten, gegen eine Rückzahlung eines zu verhandelnden Prozentsatzes auf weitere Prüfungen zu verzichten.

Auf keines dieser „Spielchen" müssen sich die Krankenhäuser mehr einlassen. Nach dem Wegfallen der sog. „Reha-Daten" müssen diese seit dem 11.04.2017 den Krankenkassen nicht mehr übermittelt werden.

Der Gesetzgeber gibt zur Begründung der Änderung u. a. an (Drucksache 18/10186, Seite 43):

Einer separaten Übermittlung der sog. „Reha-Daten" nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 bedürfe es nicht (mehr), da den nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 zu übermittelnden OPS die für die Abrechnung und Rechnungsprüfung erforderlichen Daten zu entnehmen seien.

Zudem wird auch von Bedeutung gewesen sein, dass die sog. „Reha-Daten" schon lange keine Rolle mehr gespielt haben. Keine Krankenkasse bestand auf deren Übermittlung. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die sog. „Reha-Daten" erst durch die Entscheidungen des BSG im November 2014 (und später) „wiederentdeckt" wurden. Somit war der praktische Anwendungsbereich entgegen der aus unserer Sicht falschen aktuellen Behauptungen mancher Krankenkassen und des BSG nicht mehr gegeben.

Sozialgericht Nürnberg, Urteil vom 01.12.2016, Az. S 7 KR 361/16 (nicht rechtskräftig):

Für mehrere Mandanten führen wir aktuell Rechtsstreite u. a. gegen die Knappschaft zum Thema „Reha-Daten". Die Knappschaft hatte in diesen Fällen die Zahlung von Krankenhausrechnungen verweigert oder Teilbeträge bereits bezahlter Rechnungen wieder aufgerechnet. Die Knappschaft beruft sich in diesen Fällen jeweils auf die oben dargestellten Argumente (fehlende Fälligkeit der Rechnung, fehlende Informationsmitteilung, Verstoß gegen Mitwirkungspflichten, obwohl die betroffenen Krankenhäuser jeweils dem SMD Unterlagen zur Prüfung übersandt haben).

Das Sozialgericht Nürnberg hat sich mit dieser Problematik bereits auseinandergesetzt und dem betroffenen Krankenhaus Recht gegeben (Urteil vom 01.12.2016, Az. S 7 KR 361/16). Das Sozialgericht vertrat die – u. E. – richtige Auffassung, dass „normale" Krankenhausleistungen keine Leistungen nach § 40 SGB V („medizinische Rehabilitation") sein können. Insofern greift § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V nicht. Denn dieser verlangt die Übermittlung von Daten der medizinischen Rehabilitation. In diesem Zusammenhang äußerte das Sozialgericht Zweifel an der Rechtsprechung des BSG und wies – u. E. ebenfalls zurecht – darauf hin, dass auch die Frührehabilitation kein Teil der medizinischen Rehabilitation nach § 40 SGB V, sondern stationäre Akutbehandlung nach § 39 SGB V sei.

Ergänzend wendet das Sozialgericht die Grundsätze der „nachträglichen Rechnungskorrektur" auch zulasten der Knappschaft an. Auch Krankenkassen dürften Rückforderungen nur noch im laufenden oder im auf das laufende Haushaltsjahr folgenden Jahr geltend machen. Ob diese Rechtsprechung vor dem LSG oder BSG Bestand hat, ist aber offen.

Für den Fall, dass die betroffenen Einzelfälle dem MDK/SMD bereits zur Prüfung vorlagen, kann aus zusätzlich zu den vom SG Nürnberg angeführten Argumenten aus den ansonsten wenig erfreulichen Urteilen des BSG vom 25.10.2016, hier Az. B 1 KR 22/16, RdNr. 25 Positives abgeleitet werden. Das BSG führt dort aus:

„(...) Das Krankenhaus, das die erforderlichen Behandlungsdaten nicht unmittelbar der KK nach § 301 SGB V zur Verfügung stellt, darf sich in entsprechender Anwendung des § 276 Abs 2 SGB V (...) zur Erfüllung dieser Verpflichtungen des MDK bedienen. Denn es ist rechtlich, auch datenschutzrechtlich unerheblich, ob das Krankenhaus die - vollständigen - Daten nach § 301 SGB V an die KK weiterleitet, die ihrerseits verpflichtet ist, dem MDK "die für die Beratung und Begutachtung erforderlichen Unterlagen" zur Verfügung zu stellen (...) oder ob das Krankenhaus im Einverständnis mit der KK die Daten direkt dem MDK zur Verfügung stellt."

Sobald die Krankenkasse eine Prüfung des Falles beauftragt hat und das Krankenhaus zur Übermittlung von Behandlungsdaten aufgefordert wurde, ist ein solches Einverständnis anzunehmen. In einem solchen Fall hat das Krankenhaus seine Informations- und Mitwirkungspflichten spätestens mit der Übermittlung der Behandlungsunterlagen an den MDK/SMD erfüllt.

Insgesamt zeigt sich, dass sich Krankenhäuser von den Krankenkassen in diesem Zusammenhang nicht unter Druck setzen lassen müssen. Sollte eine Krankenkasse die Zahlung verweigern oder die bereits gezahlte Vergütung aufrechnen, empfehlen wir diese Forderungen gerichtlich durchzusetzen.