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Krankenhausleistungen mit „Potential“ – Rechtsanspruch in § 39 SGB V verankert - Implantateregister-Errichtungsgesetz passiert Bundesrat

Vorgeschichte

Seit 2013 ringen Gesetzgeber und BSG miteinander um die Erstattung von Leistungen, die das „Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten“. Wir hatten mehrfach berichtet. Bisher setzte sich das BSG „erfolgreich“ durch (vgl. zuletzt Urteil vom 08.10.2019 – B 1 KR 2/19 R, Terminsbericht, Volltext noch nicht veröffentlicht). Im Ergebnis verneinte das BSG jeweils einen Anspruch unter Berufung auf das Qualitätsgebot. Die Regelung des § 137c Abs. 3 SGB V begründe keinen Anspruch des Versicherten.

Neuregelung durch das Implantateregister-Errichtungs­gesetz (EIRD)

Mit dem EIRD wird § 39 Absatz 1 Satz 1 SGB V um folgenden Halbsatz ergänzt:

sie <die Krankenhausbehandlung, Anm. d. Vf.> umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Abs. 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten.“ (vgl. Bundestags-Drucksache 19/13589, S. 43).

§ 137c Abs. 3 SGB V wird ergänzt:

„In Absatz 3 Satz 1 wird nach den Wörtern „dürfen im Rahmen der Krankenhausbehandlung angewandt“ die Wörter „und von den Versicherten beansprucht“ eingefügt.“

Das EIRD wurde vom Bundestag am 18.10.2019 beschlossen und hat am 08.11.2019 den Bundesrat passiert. Der einschlägige Art. 2 wird am Tag nach der Verkündung in Kraft treten (vgl. Art. 7 Abs. 2 Entwurf EIRD).

Folge: verbindlicher Rechtsanspruch der Versicherten

Durch die nunmehrige Ergänzung wird der nur noch als grotesk zu bezeichnende „Feldzug“ des BSG gegen innovative Methoden endgültig zugunsten der Potentialmethoden entschieden. Versicherte haben einen Rechtsanspruch, Leistungserbringer können gerichtsfest entsprechende Leistungen erbringen und abrechnen.

Eine gesetzliche Definition des Potentialbegriffs wird nach wie vor nicht geliefert. Die Begründung der Beschlussempfehlung formuliert hierzu:

Das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative kann sich etwa daraus ergeben, dass die Methode aufgrund ihres Wirkprinzips und der bisher vorliegenden Erkenntnisse mit der Erwartung verbunden ist, dass andere, aufwändigere, für die Patientin oder den Patienten invasivere oder bei bestimmten Patientinnen oder Patienten nicht erfolgreiche Methoden ersetzt werden können oder die Methode in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung ermöglichen kann.“

Diese wenn auch rudimentäre Definition ist schon bisher in der Literatur anerkannt und wird nun verstärkt mit Leben zu füllen sein. Ausgeschlossen sind Methoden, die schädlich oder unwirksam sind.

Sachlicher Anwendungsbereich

Die Regelung gilt vor allem für NUB, aber nicht nur für diese. Sie ist nicht auf Implantate beschränkt, die Aufnahme in das EIRD ist eher „zufällig“.

Zeitlicher Anwendungsbereich

Die Vorschriften werden am Tag nach der Verkündung, vermutlich im Laufe des Dezember 2019 in Kraft treten. Das
BSG wird im Sinne seiner bisherigen Rechtsprechung eine Anwendung auf Altfälle verweigern. Hier ist die Auseinandersetzung also weiter zu führen. Für die Zeit nach Inkrafttreten ist die jedenfalls ausschließlich die Diskussion über das Potential zu führen, die o.g. Rechtsprechung des BSG ist nicht mehr zu beachten.

Fazit: Innovation gestärkt

Die Ergänzung der §§ 39 und 137c SGB V führt zu einer erheblichen Stärkung der Innovation und ist uneingeschränkt zu begrüßen.