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Haftungsrisiken bei der Erbringung von Wahlleistungen durch anderen als Wahlarzt

In einer jüngst veröffentlichten Entscheidung vom 19. Juli 2016 (Az.: VI ZR 75/15) hat der Bundesgerichtshof die Anforderungen an die wahlärztliche Leistungserbringung erneut konkretisiert und für den Fall, dass die Behandlung nicht durch den Wahlarzt erfolgt, auf das Erfordernis des Abschlusses einer Vertretungsvereinbarung verwiesen. Der BGH gab damit der Revision des klagenden Patienten statt.

Hintergrund

Die Vorinstanzen verneinten einen Schadensersatzanspruch des klagenden Patienten. Dieser hatte sich für eine chirurgische Hand-OP in stationäre Behandlung begeben und mit dem dortigen Chefarzt eine Wahlleistungsvereinbarung geschlossen. Die Operation wurde dann aber durch den stellvertretenden Oberarzt durchgeführt. Eine Einwilligung des Patienten dafür lag nicht vor. Postoperativ stellten sich an der operierten Hand erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen ein. Der beauftragte Sachverständige konnte aber keinen Behandlungsfehler feststellen.

Das LG Koblenz (Az. 10 O 48/12) wies die Klage auf Schadensersatz unter Annahme einer vorliegenden hypothetischen Einwilligung des Klägers ab. Das OLG Koblenz (Az. 5 U 1131/14) sah für eine solche Einwilligung keinen Raum, verneinte aber einen ersatzfähigen Schaden. Der Kläger stünde mangels Behandlungsfehlers so, wie wenn der Chefarzt selbst operiert hätte.

Ausführungen des BGH

Der BGH folgte dieser Argumentation nicht. Da die OP ohne medizinische Einwilligung des Patienten erfolgte, sei für den Einwand des „rechtmäßigen Alternativverhaltens" kein Raum. Der Schutzzweck des Einwilligungserfordernisses stehe dem entgegen. Soweit der Patient in Ausübung seines Selbstbestimmungsrechts die Einwilligung auf einen bestimmten Operateur konkretisiere (wie hier in der Wahlleistungsvereinbarung), dürfe ein anderer Arzt die Behandlung nicht vornehmen. Anders sei dies nur, wenn zuvor über die Vertretung aufgeklärt worden sei. Liege eine solche Aufklärung und damit eine wirksame Einwilligung nicht vor, sei der in der ärztlichen Heilbehandlung zu sehende Eingriff in die körperliche Integrität rechtswidrig. Von einem ersatzfähigen Schaden sei, obwohl eine Aufklärungspflichtverletzung grundsätzlich keinen Gesundheitsschaden begründe, auszugehen. Der rechtswidrige Eingriff selbst habe zu einer ersatzfähigen Verletzung der körperlichen Integrität geführt. Auch sei das Vertrauen des Klägers in die Verhaltenspflichten der Beklagten verletzt worden.

Fazit

Der BGH bestätigt mit seiner Entscheidung im Wesentlichen das grundsätzliche Erfordernis der höchstpersönlichen Leistungserbringung durch den Wahlarzt. Es ist zu empfehlen, die Entscheidung zum Anlass zu nehmen, die Abläufe in der Klinik kritisch zu prüfen.