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SG Stralsund entscheidet zur Kodierung der Hauptdiagnose bei gleichem Ressourcenverbrauch

Gemäß der DKR D002 ist, wenn zwei oder mehr Diagnosen in Bezug zu Aufnahme, Untersuchungen und/oder durchgeführter Therapie die Kriterien der Hauptdiagnosedefinition erfüllen, von dem behandelnden Arzt nach dem angefallenen Ressourcenverbrauch die Diagnose auszuwählen, die am besten der Hauptdiagnosedefinition entspricht. Als Hauptdiagnose ist die Diagnose auszuwählen, die in Bezug zu Untersuchung und/oder Behandlung die meisten Ressourcen verbraucht hat.

Das SG Stralsund hatte nun am 26. Mai 2023, Az. S 3 KR 20/21, einen Sachverhalt zu entscheiden, bei dem die Hauptdiagnose unter zwei Diagnosen auszuwählen war, die den exakt gleichen Ressourcenverbrauch auslösten.

1. Sachverhalt

Im zu entscheidenden Fall erfolgte die stationäre Aufnahme zur Durchführung einer kontrastmittelgestützten CT-Untersuchung des Abdomens zur Verlaufskontrolle eines vorbekannten subkapsulären Milzverhalts (D73.8) bei vorbekannter chronischer Pankreatitis (K86.0). Im hierzu vorliegenden CT-Befund wurden beide Diagnosen bewertet. Im Zuge der CT-Untersuchung erlitt der Patient einen akuten Myokardinfarkt und wurde infolgedessen intensivmedizinisch behandelt.

Das Krankenhaus kodierte als Hauptdiagnose D73.8 und führte zur Begründung an, dass die Verlaufskontrolle des subkapsulären Milzverhalts Anlass für die CT-Untersuchung war. Die vorbekannte chronische Pankreatitis hätte für sich genommen keiner Verlaufskontrolle bedurft. Das für die CT-Untersuchung maßgebliche medizinische Problem sei der während eines Voraufenthaltes als kontrollbedürftig festgestellte subkapsuläre Milzverhalt gewesen. Die Krankenkasse verlangte dagegen die Kodierung der chronischen Pankreatitis mit K86.0 als Hauptdiagnose.

2. Entscheidung des SG Stralsund

Das SG Stralsund gab der Klage des Krankenhauses statt.

Es führte zunächst zu den Vorgaben des BSG in dessen Entscheidung vom 21. April 2015, Az. B 1 KR 9/15 R, aus, wonach später hinzugetretene Diagnosen, die ebenfalls stationäre Behandlungsbedürftigkeit bedingen, nicht als Hauptdiagnose in Betracht kommen, sondern allenfalls als Nebendiagnose kodierbar sind. Der – objektiv mit dem meisten Ressourcenverbrauch verbundene – akute Myokardinfarkt schied daher als Hauptdiagnose aus (die Krankenkasse hatte alternativ die Kodierung von I25.12 als Hauptdiagnose verlangt). Lediglich die im Zeitpunkt der stationären Aufnahme bereits vorliegenden Diagnosen D73.8 und K86.0 kämen als Hauptdiagnose in Betracht.
Für den Fall, dass mehrere Diagnosen den exakt gleichen Ressourcenverbrauch auslösen, würde die DKR D002 keine Vorgaben enthalten. Das SG Stralsund kam für diesen Fall aber zu dem Ergebnis, dass dann die Kodierung der Diagnose mit der „größeren medizinischen Bedeutung" nicht zu beanstanden sei. Das Krankenhaus hätte überzeugend dargelegt, dass aufgrund der während eines Vor¬aufenthaltes festgestellten Größenprogredienz des subkapsulären Milzverhalts das größere medizinische Gewicht auf der Befundung des Milzverhalts gelegen hätte. Die chronische Pankreatitis sei lediglich mitbeurteilt werden.

Fazit

Für die seltenen Fälle, in denen nach der DKR D002 die Hauptdiagnose unter mehreren Diagnosen auszuwählen ist und sich kein überwiegender Ressourcenverbrauch für eine dieser Diagnosen feststellen lässt, enthält die Entscheidung des SG Stralsund eine durchaus nachvollziehbare und praktikable Lösung. Sicherlich wäre es auch in Betracht gekommen – orientiert am Wortlaut der DKR D002 – die Entscheidung über die Auswahl der Hauptdiagnose dem behandelnden Arzt zu überlassen. Das SG Stralsund entschied sich jedoch für eine objektive nachprüfbare Lösung, die auch mit den Vorgaben des BSG vereinbar ist, das seinerseits für die Kodierung der Hauptdiagnose auf die Diagnose abstellt, die objektiv nach medizinisch-wissenschaftlichen Kriterien den Krankenhausaufenthalt veranlasst. Für zukünftige vergleichbare Fälle liefert diese Entscheidung eine gute Argumentationsgrundlage.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.