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BSG entscheidet zu Präklusionswirkung von § 7 Abs. 2 PrüfvV und § 7 Abs. 5 PrüfvV

Das BSG hatte am 18. Mai 2021 über die Frage zu entscheiden, ob die Regelungen des § 7 Abs. 2 PrüfvV und des § 7 Abs. 5 PrüfvV materiell-rechtliche Ausschlussfristen enthalten.

Grundsätzlich bejahte das BSG diese Frage, auch wenn es vermied, diese Fristen als Ausschlussfristen zu bezeichnen. Stattdessen soll es sich um Fristen mit materieller Präklusionswirkung handeln (was inhaltlich aus das Gleiche hinauslaufen dürfte, Anm. d. Verf.). Die Präklusionswirkung soll allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen greifen. Hierzu bleiben zumindest im Ergebnis der mündlichen Verhandlung noch zahlreiche Fragen offen, die – wenn überhaupt – erst nach Vorliegen der Urteilsgründe beantwortet werden können.

1. § 7 Abs. 2 PrüfvV

Die Regelung des § 7 Abs. 2 PrüfvV enthält nach Auffassung des BSG eine Frist, die es dem Krankenhaus versagt, sich nach Fristablauf zu Beweiszwecken auf Unterlagen zu berufen, die seitens des Medizinischen Dienstes angefordert, von dem Krankenhaus aber nicht fristgemäß vorgelegt wurden (Az. B 1 KR 24/20 R und B 1 KR 32/20 R).

Diese Präklusionswirkung soll sich allerdings nur auf Unterlagen erstrecken, die von dem Medizinischen Dienst konkret bezeichnet wurden. Formulierungen wie „Sollten darüber hinaus weitere Unterlagen für die Bewertung des Sachverhalts relevant sein, sind diese beizufügen." wären hingegen nicht geeignet, die Präklusionswirkung auszulösen. Das Krankenhaus sei nicht daran gehindert, solche Unterlagen auch nach Ablauf der Fristen gemäß § 7 Abs. 2 PrüfvV noch vorzulegen bzw. sich im gerichtlichen Verfahren hierauf zu berufen. Dem Krankenhaus bleibe es außerdem unbenommen, seinen Anspruch mit anderen – vorgelegten oder nicht konkret angeforderten – Unterlagen zu begründen.

Offen bleibt im Ergebnis dieser Entscheidungen die Frage, wann Unterlagen hinreichend „konkret" angefordert sind.

2. § 7 Abs. 5 PrüfvV

Das BSG hatte außerdem über verschiedene Fälle von Rechnungskorrekturen zu entscheiden, unter anderem die Entscheidung des LSG Bayern vom 13. August 2020, Az. L 4 KR 616/19, über die wir bereits mit unseren Mandanteninformation von September 2020 und Oktober 2020 berichteten (Az. B 1 KR 33/20 R, B 1 KR 34/20 R, B 1 KR 37/20 R, B 1 KR 39/20 R und B 1 KR 42/20 R).

Grundsätzlich sieht das BSG auch in § 7 Abs. 5 PrüfvV eine Frist mit Präklusionswirkung. § 17c KHG soll hierfür eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage liefern. Nach Ablauf der Frist des § 7 Abs. 5 PrüfvV verliert das Krankenhaus nach Auffassung des BSG das Recht, den Datensatz nach § 301 SGB V zu ändern, soweit diese Daten Gegenstand des Prüfverfahrens waren. Dies soll grundsätzlich auch dann gelten, wenn sich hierdurch der Rechnungsbetrag nicht ändert oder nur vermindert.

Daten, die nicht Gegenstand des Prüfverfahrens waren, dürfen dagegen auch nachträglich geändert werden. Hierfür gelten nur die allgemeinen Grenzen der Verwirkung bzw. Verjährung.

Für zulässig hielt das BSG außerdem Anpassungen an das Ergebnis des Prüfverfahrens, wenn dieses zu einem höheren Rechnungsbetrag führt. § 7 Abs. 5 PrüfvV sei insoweit einschränkend auszulegen.

Für zukünftige Fälle wird das Problem vor allem darin liegen, im Einzelfall den Gegenstand des Prüfverfahrens und damit die Reichweite der Präklusionswirkung zu bestimmen. Unklar bleibt außerdem, wie genau Anpassungen an das Prüfergebnis von Datenkorrekturen abzugrenzen sind.

Ein Beispiel: Der Medizinische Dienst prüft die Nebendiagnose N17.93 (akutes Nierenversagen, Stadium 3) und streicht diese mit der Begründung, dass ein Anstieg des Serumkreatinins im erforderlichen Ausmaß nicht nachgewiesen ist. Das Krankenhaus verlangt anschließend die Kodierung der Nebendiagnose N17.91 (akutes Nierenversagen, Stadium 1) mit der Begründung, dass der dafür erforderliche Anstieg des Serumkreatinins belegt ist. Handelt es sich hierbei um eine Anpassung an das Prüfergebnis, obwohl der medizinische Dienst sich zur Nebendiagnose N17.91 gar nicht äußerte, oder nimmt das Krankenhaus damit eine – unzulässige – Korrektur von Daten vor, die Gegenstand des Prüfverfahrens waren?

Die gleichen Fragen können sich im Zusammenhang mit der Kodierung der Hauptdiagnose und von OPS-Kodes stellen. Korrigiert der Medizinische Dienst beispielsweise eine Hauptdiagnose mit der Begründung, für eine andere Diagnose sei der höhere Ressourcenverbrauch angefallen, stellt sich die Frage, ob das Krankenhaus stattdessen die Kodierung einer dritten Diagnose als Hauptdiagnose verlangen und sich darauf berufen darf, dass diese Diagnose den höchsten Ressourcenverbrauch auslöste.

Es muss abgewartet werden, ob die Urteilsgründe hierüber Auskunft geben. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden diese Fragen seitens des BSG jedenfalls nicht beantwortet.