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BSG: Ab 1. September 2015 Schlichtung wieder zwingend bei Klagen bis zu 2 TEUR (§ 17c Abs. 4b S. 3 KHG)

Der 1. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat sich am 23. Juni 2015 (B 1 KR 26/14 R) mit der Regelung des § 17c Abs. 4b S. 3 KHG befasst und offensichtlich die bisherige Auffassung des 3. Senats verworfen. Gleichzeitig hat er entschieden, dass der durch die bisherige Rechtsprechung (des dritten Senats) „begründete Vertrauensschutz von Krankenhäusern und Krankenkassen" mit Ablauf des August 2015 endet.

Ausweislich einer Medieninformation des BSG soll bei Streitigkeiten über das Ergebnis einer Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs. 1 c SGB V und insofern bei Klagen bis zu einer Höhe von EUR 2.000,00 ab September 2015 zuvor zwingend ein Schlichtungsverfahren durchzuführen sein.

Die Entscheidungsgründe des Urteils liegen bislang nicht vor, weshalb noch keine abschließende Bewertung möglich ist.

§ 17c Abs. 4b S. 3 KHG

Nach § 17c Abs. 4b S. 3 KHG in der Fassung des Bei-tragsschuldengesetzes 2013 ist das Fehlschlagen einer Schlichtung seit dem 01. August 2013 Prozessvoraussetzung für eine spätere Klage vor den Sozialgerichten. Hierüber hatten wir bereits berichtet.

Die per Gesetz vorgesehenen Schlichtungsausschüsse auf Landesebene sind auch nach knapp zwei Jahren überwiegend noch nicht funktionsfähig und die ersatzweise berufenen Schiedsstellen nehmen die Schlichtung nicht wahr.

Der 3. Senat des BSG hatte mit Urteil vom 08.10.2014 (B 3 KR 7/14 R) entschieden, dass „nach Sinn und Zweck des § 17c Abs. 4 i.V.m Abs. 4b Satz 3 KHG sowie der Gesetzessystematik die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nur dann Zulässigkeitsvoraussetzung einer Klage (sein kann), wenn der zuständige Schlichtungsausschuss auch tatsächlich von den Beteiligten angerufen werden kann. Das setzt seine Einrichtung, seine Arbeitsfähigkeit bzw. seine Funktionsfähigkeit sowie deren förmliche Bekanntgabe voraus."

Weiter führt der 3. Senat in dieser Entscheidung dann unter Verweis auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes und das Rechtsstaatsprinzip aus:

„Klagen sind so lange nicht unzulässig, wie nicht tatsächlich arbeitsfähige Schlichtungsausschüsse angerufen werden können."

Zu dieser Entscheidung setzt sich der 1. Senat nun in Widerspruch, d.h. faktisch „kassiert" er sie. Offensichtlich hält er einen effektiven Rechtsschutz auch bei nicht arbeitsfähigen Schlichtungsausschüssen für gegeben. Der 1. Senat gewährt lediglich „Vertrauensschutz" bis 31.08.2015.

Fazit und Empfehlung

Problematisch dürfte die Entscheidung hauptsächlich für die Fälle sein, die zum Ende des Jahres 2015 verjähren. Dies werden in der Regel offene Forderungen aus dem Jahr 2011 sein. Hier ist zu erwägen, diese noch rechtzeitig vor dem 1. September 2015 innerhalb des sog. „Vertrauensschutzes" ohne Durchführung eines Schlichtungsverfahrens einzuklagen. Hierbei kommt es auf das Datum der Klageerhebung (Eingang bei Gericht) und nicht etwa auf die Aufnahme des Patienten o.ä. an.

Zur Unterbrechung der Verjährung nach dem 31. Augsut 2015 werden wir noch gesondert schreiben.

Der aktuelle Regierungsentwurf zum neuen KHSG sieht derzeit vor, die Regelung des § 17c Abs. 4 b S. 3 KHG zu streichen. Diese Streichung tritt jedoch erst am 1. Januar 2016 in Kraft, so dass sie für die Hemmung der Verjährung bis zum 31. Dezember 2015 nicht hilft.

Wie die Gerichte im Übrigen mit den bereits laufenden Klageverfahren umgehen werden, die aufgrund bisheriger Rechtsprechung ohne vorheriges Schlichtungsverfahren eingeleitet wurden, ist ebenso unklar.

Zu allen offenen Fragen ist zunächst abzuwarten, was das BSG in den vollständigen Gründen des Urteils dazu ggf. ausführt. Wir werden wieder berichten.