Mandanteninformationen   

September 2013

Neue Risiken bei der sachgrundlosen Befristung

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg entschied (Urteil vom 26. September 2013, Az 6 Sa 28/13) entgegen der ausdrücklichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), dass eine sachgrundlose Befristung nicht zulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits jemals zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Dieses Verbot greift auch dann, wenn die Vorbeschäftigung mehr als drei Jahre zurückliegt.

Rechtlicher Hintergrund

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Eine Befristung ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Jahrelang hatte das BAG entschieden, dass der Wortlaut des § 14 Abs. 2 TzBfG eindeutig ist. Eine sachgrundlose Befristung ist unzulässig, wenn irgendwann einmal zuvor mit dem Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Mit Urteil vom 06. April 2011 (Az: 7 AZR 716/09) hat das BAG eine Kehrtwende vollzogen. Die Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ohne Grund bis zu zwei Jahre zu befristen, stehe ein früheres Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit demselben Arbeitgeber nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG entgegen, wenn das Ende des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses mehr als drei Jahre zurückliegt. Mit Urteil vom 21. September 2011 (Az: 7 AZR 375/10) hat das BAG die Entscheidung vom 06. April 2011 ausdrücklich bestätigt. Das BAG begrenzte damit das Verbot der „Zuvorbeschäftigung" auf den Zeitraum von drei Jahren. Hiernach wäre eine sachgrundlose Befristung wieder zulässig.

Das Ergebnis des BAG beruht auf einer tiefergehenden Auslegung des § 14 Abs. 2 TzBfG. Die Entscheidung ist von der Wirtschaft begrüßt worden. Es wurde vielerorts für unbillig gehalten, dass ein sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis unzulässig sein soll, nur weil der Arbeitnehmer vor vielen Jahren einmal bei diesem Arbeitgeber gearbeitet hat. Ein immer wieder zitiertes Beispiel für die Unbilligkeit war der Student, der nach dem Studium bei demselben Arbeitgeber ebenfalls wieder befristet, aber in einer völlig anderen Position arbeiten sollte.

Sachverhalt

Die Parteien schlossen einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag für einige Monate im Jahr 2007 sowie einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag beginnend zum 01. Februar 2011 ab. Der zweite Arbeitsvertrag wurde zweimal verlängert bis zum 31. Januar 2013. Der Arbeitnehmer war der Meinung, dass der (zweite) sachgrundlos befristete Arbeitsvertrag ab 2011 gegen § 14 Abs. 2 TzBfG verstößt, weil er zuvor bereits bei diesem Arbeitgeber beschäftigt war. Der Arbeitgeber berief sich auf die neue Rechtsprechung des BAG (siehe oben).

Entscheidung

Die Entscheidungsgründe liegen nun endlich vor. Entgegen der (neuen) Ansicht des BAG ist das LAG Baden-Württemberg der Auffassung, dass die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, wonach eine sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages nicht zulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat, auch dann greift, wenn die Vorbeschäftigung mehr als drei Jahre zurückliegt. Der Wortlaut sei eindeutig.

Die vom BAG vorgenommene Auslegung des § 14 Abs. 2 TzBfG überschreite die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung gegen den eindeutigen Wortlaut der Norm. Zudem sei aus dem Gesetzgebungsverfahren der Wille des Gesetzgebers erkennbar, keine diesbezügliche Frist in dieses Gesetz aufzunehmen. Deshalb sei die vom BAG vorgenommene Auslegung unzulässig. Jedenfalls hätte das BAG nach Auffassung des LAG Baden-Württemberg die Norm dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorlegen müssen.

Fazit

Die vom LAG Baden-Württemberg vorgetragenen Argumente sind nicht von der Hand zu weisen, zumal sie sich mit der alten Rechtsprechung des BAG decken. Die Begrenzung des Zuvorbeschäftigungsverbotes auf drei Jahre ist von der Wirtschaft begrüßt worden. Gleichzeitig hat sie überrascht, da die Argumentation des BAG nicht vorhersehbar war.

Letztlich ist es aber die Pauschalität, die das LAG Baden-Württemberg kritisiert. Es stellt nach Ansicht des LAG Baden-Württemberg eben einen Unterschied dar, ob ein Student während seines Studiums bei dem Arbeitgeber beschäftigt war und nach seinem Studium auf einer ganz anderen Position befristet beschäftigt werden soll, oder ob ein Arbeitnehmer dieselbe Tätigkeit beim gleichen Arbeitgeber nach einer längeren Zeit wieder ausübt. Letztere Konstellation hatte das LAG Baden-Württemberg zu entscheiden.

Den beiden genannten Entscheidungen des BAG lag dagegen jeweils die Konstellation Ausbildung/Studium und spätere Beschäftigung auf einem ganz anderen Arbeitsplatz zu Grunde.

Es bleibt abzuwarten, ob die bislang genannte Drei-Jahres-Frist pauschal für jedes Arbeitsverhältnis bestehen bleibt, oder ob vielmehr zwischen den einzelnen Arbeitsverhältnissen differenziert werden muss. Das LAG Baden-Württemberg hat Revision zugelassen, die Revision ist derzeit anhängig unter dem AZ: 7 AZR 896/13.

Bis zu einer Entscheidung des BAG sollte vorsorglich kein Arbeitnehmer mehr sachgrundlos befristet beschäftigt werden, wenn dieser Arbeitnehmer bereits zuvor (jemals) bei dem Arbeitgeber beschäftigt war, es sei denn, es handelte sich damals um ein Ausbildungsverhältnis oder um eine studentische Nebentätigkeit bzw. Praktikum.