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Die AÜG-Reform kommt zum 1. April 2017

Nachdem der Bundestag bereits am 21. Oktober 2016 die Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) verabschiedet hat, hat das Gesetz am 25. November 2016 den Bundesrat passiert. Das neue AÜG tritt nun am 1. April 2017 in Kraft.

Die Kernpunkte der Reform sind:

Überlassungshöchstdauer 18 Monate

Ein Leiharbeitnehmer darf für maximal 18 aufeinanderfolgende Monate an denselben Entleiher überlassen werden. Zur Ermittlung der Höchstdauer werden alle Zeiten der Überlassung an denselben Entleiher ab dem 1. April 2017 zusammengerechnet, wenn zwischen den Einsätzen weniger als drei Monate liegen.

Von der Höchstdauer kann durch einen Tarifvertrag der Einsatzbranche oder durch eine auf Grund eines Tarifvertrages geschlossene Betriebs- oder Dienstvereinbarung abgewichen werden. Sofern der Entleiher weder tarifgebunden ist noch über eine Arbeitnehmervertretung verfügt, ist eine Abweichung nicht möglich.

Equal Pay spätestens nach neun Monaten

Leiharbeitnehmer haben grundsätzlich Anspruch auf die für vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen. Insbesondere müssen sie das gleiche Entgelt wie Stammbeschäftigte erhalten. Tarifvertraglich kann von diesem sog. Equal Pay-Gebot grundsätzlich nur noch für neun Monate abgewichen werden. Eine weitergehende Abweichung ist nur möglich, wenn der Tarifvertrag ein gestaffeltes Ansteigen der Vergütung nach einer Einarbeitungszeit von sechs Wochen vorsieht und das Equal Pay-Niveau nach spätestens 15 Monaten erreicht wird.

Neue Ausnahme - Personalgestellung TVöD

Das AÜG ist auf die in Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes vorgesehenen Personalgestellungen (z.B. § 4 Abs. 3 TVöD) in weiten Teilen nicht anwendbar. Vor allem soll die Höchstdauer von 18 Monaten für Personalgestellungen im öffentlichen Dienst nicht gelten.

Offenlegungspflichten - das Ende der „Fallschirmlösung"

Ein Vertrag, der materiell Arbeitnehmerüberlassung beinhaltet, muss die Überlassung explizit als solche bezeichnen. Zudem müssen die Leiharbeitnehmer vor der Überlassung ausdrücklich darüber unterrichtet werden, dass sie als Leiharbeitnehmer tätig werden.

Damit soll sog. „Fallschirmlösungen" der Boden entzogen werden. Darunter versteht man die bisher gängige Praxis, Werk-, Dienstleistungs- oder Kooperationsverträge mit Personalgestellungselementen ohne ausdrückliche Bezeichnung als „Arbeitnehmerüberlassung" abzuschließen und eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis nur „auf Vorrat" vorzuhalten, um die Rechtsfolgen einer sog. verdeckten Arbeitnehmerüberlassung zu verhindern.

Kritische Sanktionen

Die Reform des AÜG sieht verschärfte Bußgeldvorschriften und weitere Sanktionen vor. Verstöße gegen die Überlassungshöchstdauer und gegen die oben erwähnten Offenlegungspflichten sind dabei gleich dreifach sanktioniert: Derartige Verstöße sind bußgeldbewehrt und führen zu einem Übergang des Arbeitsverhältnisses des Leiharbeitnehmers auf den Entleiher. Ferner kann der Entzug der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis drohen.

Festhaltenserklärung des Arbeitnehmers - wertloses Remedium

Der Leiharbeitnehmer kann dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Entleiher in den oben genannten Konstellationen widersprechen. Diese Festhaltenserklärung ist aber nicht etwa ein Mittel, um die neuen Restriktionen des AÜG, vor allem die Überlassungshöchstdauer, gewissermaßen durch die Hintertür zu umgehen.

Zum einen ist die Erklärung an sehr hohe formale Hürden geknüpft. Sie ist nur wirksam, wenn, (a) der Leiharbeitnehmer diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt, (b) die Agentur die Erklärung mit dem Datum der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat, und (c) die Erklärung dem Ver- oder Entleiher spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur zugeht. Zum zweiten legalisiert die Festhaltenserklärung nicht eine rechtswidrige Überlassung. Sie verhindert nur einen Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Entleiher. Der Verleiher muss den betroffenen Leiharbeitnehmer dann anderweitig einsetzen.

Neue Rechte für Betriebsräte

Betriebsräte sind künftig über die geplante Beschäftigung von Fremdpersonal rechtzeitig und umfassend zu informieren. Auf Verlangen muss der Arbeitgeber auch die zugrunde liegenden Verträge vorlegen.

Paradigmenwechsel bei der Schwesterngestellung?

Bislang ging die Rechtsprechung davon aus, dass das AÜG auf DRK-Schwestern keine Anwendung findet, weil diese nicht als Arbeitnehmer angesehen wurden.

Der EuGH hat nun jedoch auf Vorlage durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil vom 17. November 2016 entschieden, dass auch der Einsatz von DRK-Schwestern dem AÜG unterfällt, wenn sich ihre Arbeitsbedingungen nicht wesentlich von denen unterscheiden, die für sonstige Arbeitnehmer gelten (Rechtssache C-216/15). Ob dies der Fall ist, muss das BAG klären. Sollte das BAG die Frage bejahen, wäre den Schwesterngestellungen der Boden entzogen, da diese typischerweise auf Dauer angelegt sind.

Der Ausschluss für Arbeit und Soziales des Bundestags hat allerdings für diesen Fall im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens bereits angedeutet, dass eine Lösung auf politischer Ebene gesucht wird.

Fazit

Die Rahmenbedingungen für Arbeitnehmerüberlassung werden erheblich verschärft. Außerdem wird das Überwachungsinstrumentarium der Betriebsräte erweitert, denen es damit leichter gemacht wird, missliebigen Fremdpersonaleinsätzen Steine in den Weg zu legen. Es empfiehlt sich daher Verträge, die einen Fremdpersonaleinsatz vorsehen, rechtzeitig vor dem 1. April 2017 zumindest vorsorglich auf ihre Vereinbarkeit mit dem neuen AÜG zu überprüfen.