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Bundessozialgericht: Verwirkung von Rückforderungsansprüchen der Krankenkassen

1. Sachverhalt

Das Bundessozialgericht hatte über die Klage einer Krankenkasse auf Herausgabe von Patientenunterlagen an den MDK zu entscheiden. Eingeleitet wurde das Prüfverfahren von der Krankenkasse erst am 10. Februar 2010. Die Rechnungslegung durch das Krankenhaus erfolgte bereits ca. drei Jahre früher am 22. August 2006. Das beklagte Krankenhaus lehnte die Herausgabe der Patientenunterlagen unter Hinweis auf das Beschleunigungsgebot ab.

Sozialgericht und Landessozialgericht hatten die Klage bzw. die hiergegen gerichtete Berufung jeweils zurückgewiesen mit der Begründung, dass mangels eines erkennbaren Rückforderungsanspruches auch keine Grundlage für eine Herausgabe von Patientenunterlagen bestehe.

2. Entscheidung des BSG

Das BSG hielt die hiergegen gerichtete Revision für unbegründet.

Zu Begründung verwies das BSG insbesondere darauf, dass die Prüfung der Abrechnung entgegen dem sich aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ergebenden Beschleunigungsgrundsatz von der Krankenkasse erst etwa drei Jahre nach Rechnungslegung und Bezahlung der Rechnung eingeleitet wurde. Zu diesem Zeitpunkt sei der Rückforderungsanspruch der Krankenkasse bereits verwirkt gewesen, sodass auch das Prüfverfahren nicht mehr eingeleitet werden durfte.

Das BSG stellte klar, dass auch die Korrektur einer bereits bezahlten Krankenhausrechnung durch die Krankenkasse unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben steht. Im Folgenden nimmt das BSG dann Bezug auf seine eigene Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Nachberechnungen durch Krankenhäuser (BSG vom 13. November 2012, Az. B 1 KR 6/12 R und BSG vom 22. November 2012, Az. B 3 KR 1/12 R). Danach verstoße eine Nachberechnung durch das Krankenhaus gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sie mehr als ein „volles Geschäfts­jahr" nach Rechnungslegung erfolge. Ein auf eine solche Nachberechnung gestützter Anspruch sei nach Treu und Glauben verwirkt.

Diese Rechtsprechung wendet das BSG nun auch auf den umgekehrten Fall von Rückforderungsansprüchen der Krankenkassen an, die erst nach Ablauf eines vollen Geschäftsjahres nach Rechnungslegung und Zahlung der Rechnung erstmalig geltend gemacht werden.

3. Fazit für die Praxis

Immer wieder machen Krankenkassen noch Jahre nach Rechnungslegung und Zahlung der Rechnung Rückforderungsansprüche geltend. Dies mit der Argumentation, dass in Beantwortung einer bloßen Rechtsfrage auch ohne Einschaltung des MDK die Unrichtigkeit einer Rechnung nachträglich festgestellt wurde und entsprechend eine Korrektur dieser Rechnung vorzunehmen sei.

Wir hatten auch bislang schon dahingehend beraten, derartige Forderungen zurückzuweisen, da es sich zum einen nicht um reine Rechtsfragen handelte und deswegen nicht auf eine Einschaltung des MDK verzichtet werden konnte, und zum anderen die Rechtsprechung des BSG zur Zulässigkeit von Nachberechnungen auch auf Rückforderungsansprüche der Krankenkassen Anwendung fand. Eine Rechnungskorrektur mehrere Jahre nach Rechnungslegung und Zahlung der Rechnung konnte danach auf Grund der Verwirkung der Ansprüche von den Krankenkassen nicht gefordert werden.

Diese Auffassung hat das BSG nun bestätigt. Auch zukünftig kann somit die Forderung der Krankenkasse nach einer nachträglichen Rechnungskorrektur zurückgewiesen werden, wenn diese ohne Einschaltung des MDK und nach Ablauf des auf die Rechnungslegung und Zahlung der Rechnung folgenden vollen Geschäftsjahres erstmalig erhoben wird. Angezweifelt werden sollte auch weiterhin, dass seitens der Krankenkasse eine bloße Rechtsfrage zu beantworten ist. Zugleich kann die Rechnungskorrektur schon wegen des Zeitablaufs abgelehnt werden und hierzu auf die vorliegende Entscheidung des BSG verwiesen werden.