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BGH stärkt Rechte der Apotheken aus Heimversorgungsverträgen

Der Bundesgerichtshof (BGH) konkretisiert in einem aktuellen Urteil vom 14. Juli 2016 (Az.: III ZR 446/15) den Schutzzweck der Heimversorgungsverträge nach § 12a Abs. 1 Apothekengesetz (ApoG) zugunsten von Apotheken. Der BGH spricht der Apotheke Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns aufgrund der vorzeitigen Kündigung des Heimversorgungsvertrages durch den Heimträger zu.

Hintergrund der Entscheidung

Zwischen der Apotheke und dem Heimträger bestand ein Heimversorgungsvertrag nach § 12a Abs. 1 ApoG. Hierbei handelt es sich um einen privatrechtlichen Vertrag, dessen Wirksamkeit von einer behördlichen Genehmigung abhängt. Gegenstand des Vertrages ist die Versorgung von Heimbewohnern mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten durch die vertragschließende Apotheke, ohne dass die Heimbewohner Vertragspartei sind oder ihre freie Apothekenwahl eingeschränkt wird.

In dem hier maßgeblichen Heimversorgungsvertrag war eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende des Quartals vereinbart worden. Der Heimträger kündigte den Vertrag jedoch innerhalb einer Monatsfrist und schloss unmittelbar danach einen neuen Heimversorgungsvertrag mit einer anderen Apotheke. Während das Landgericht der klagenden Apotheke einen Schadensersatzanspruch zusprach, wies das Oberlandesgericht (OLG) die Klage zurück. Das OLG begründete seine Entscheidung mit dem Schutzzweck des § 12a ApoG. Die Norm verbiete die Ausschließlichkeitsbindung an eine Apotheke, weshalb die Pflegeeinrichtung jederzeit einen neuen Vertrag mit einer anderen Apotheke abschließen dürfe. Darüber hinaus diene § 12a ApoG alleine dem Schutz der Heimbewohner und der Pflegeeinrichtung, nicht aber der Apotheke.

Konkretisierung durch den BGH

Der BGH hob die Entscheidung des OLG auf und stellte klar, dass § 12a ApoG eine doppelte Zielrichtung verfolge. Zunächst solle den Heimbewohnern ein sachkundiger Apotheker zur Seite gestellt werden, der die „Heimapotheke" kostenlos führt. D. h., obwohl der Vertrag für den Apotheker einen erheblichen Mehraufwand bedeute, erhalte er hierfür kein Entgelt vom Heimträger. Dafür aber erhalte die Apotheke einen „lukrativen Ausgleich" durch den privilegierten Zugang zu (potentiellen) Kunden, zu denen ein „absatzsteigerndes Vertrauensverhältnis" gebildet werden könne; dies käme einem „Schlüssel" zur dauerhaften Versorgung der Heimbewohner gleich.

Aufgrund des Mehraufwandes für die Apotheke habe diese ein schutzwürdiges Interesse daran, sich innerhalb eines angemessenen Übergangszeitraums infolge einer Kündigung an die veränderte Situation anzupassen und entsprechende Dispositionen zu treffen. Den Heimträger treffe insofern eine Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB.

Daran ändere auch das Verbot einer Ausschließlichkeitsbindung nichts. Denn dies berechtige den Heimträger lediglich zum Abschluss weiterer Heimversorgungsverträge, wobei die Zuständigkeitsbereiche der jeweiligen Apotheke klar abgegrenzt sein müssen (§ 12a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ApoG). Vorliegend wurde der klagenden Apotheke durch die Kündigung aber jegliche Versorgung der Heimbewohner unmöglich gemacht.

Hierin liege eine Pflichtverletzung des Heimträgers i. S. d. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB, der einen Schadensersatzanspruch der Apotheke dem Grunde nach rechtfertige.

Fazit

Der BGH stellt mit dieser Entscheidung klar, dass § 12a ApoG nicht allein dem Schutz der Heimbewohner und des Heimträgers dient. Vielmehr soll auch sichergestellt sein, dass der Apotheker einen finanziellen Ausgleich für den zu leistenden Mehraufwand erhält und ihm die konkrete Möglichkeit eröffnet wird, „zusätzlichen Gewinn durch eine Steigerung des Medikamentenabsatzes zu erzielen". „Dementsprechend dient die Vereinbarung einer längeren Kündigungsfrist nicht nur der Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit zugunsten der Heimbewohner, sondern auch dem legitimen Erwerbsinteresse des Apothekers". Durch die Vereinbarung einer längeren Kündigungsfrist soll gerade der Schutzbedürftigkeit der wirtschaftlichen Interessen des Apothekers angemessen Rechnung getragen werden.