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Seit Oktober 2016 gelten strengere Gesetze für vorformulierte Verträge: Arbeitgeber müssen Standardarbeitsverträge überarbeiten

Ab dem 1. Oktober hat sich das Vertragsrecht durch das „Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts" (BGBl. I 2016, 233 ff.) geändert.

Textform statt Schriftform

Ab diesem Stichtag ist insbesondere eine Änderung von § 309 Nr. 13 BGB in Kraft getreten: Zur Kündigung von Verbraucherverträgen genügt danach nunmehr Textform. Wer also künftig z.B. seinen Handyvertrag kündigen möchte, muss kein Papier mehr aufsetzen und eigenhändig unterschreiben, sondern kann auch einfach eine schlanke E-Mail schreiben. Auch Arbeitsverträge sind von der Änderung betroffen.

Standardarbeitsverträge anpassen

Die Regelungen zur Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 - 310 BGB) finden unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts auch auf Arbeitsverträge Anwendung. Nach § 309 Nr. 13 BGB a.F. durften in einem Arbeitsvertrag keine Klauseln vereinbart werden, die für die Anzeige oder Erklärung des Arbeitnehmers eine strengere Form als die Schriftform vorsahen.

Die Schriftform setzt nach § 126 Abs. 1 BGB die eigenhändige Namensunterschrift des Arbeitnehmers voraus. Durch die Neuregelung wurde § 309 Nr. 13 BGB mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 dahingehend geändert, dass in einem Arbeitsvertrag für Anzeigen und Erklärungen, die dem Arbeitgeber gegenüber abzugeben sind, keine strengere Form als die Textform vereinbart werden darf. Der Textform im Sinne des § 126b BGB genügt z.B. eine E-Mail. Einer eigenhändigen Unterschrift des Arbeitnehmers unter seiner Anzeige oder Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber bedarf es daher künftig nicht mehr.

Bedeutung für Ausschlussfrist- und Verfallklauseln

Insbesondere Ausschlussfristen und Verfallklauseln können von der Änderung betroffen sein. Diese zielen auf schnelle Rechtssicherheit ab. Arbeitgeber und Mitarbeiter müssen deshalb ihre Ansprüche - etwa auf die Abgeltung von Überstunden, Freizeitausgleich oder variable Vergütung - innerhalb einer gewissen Frist beim Vertragspartner geltend machen. Wegen der gesetzlichen Neuregelung darf die Geltendmachung von Ansprüchen nur noch in Textform verlangt werden; die Verpflichtung zur „schriftlichen" Geltendmachung führt ab dem 1. Oktober 2016 zur Unwirksamkeit dieser Klausel. Dies hat zur Folge, dass der Mitarbeiter seine Ansprüche bis zur Grenze der Verjährung geltend machen und einklagen kann.

Für Kündigungen gilt aber weiterhin Schriftform

Aber Achtung: Für Kündigungen gilt dies nicht. Damit Kündigungserklärungen und Auflösungsverträge wirksam sind, müssen sie die Parteien sie auch nach dem 1. Oktober 2016 im Original unterzeichnen.

Anwendung auf Neuverträge ab dem 30. September 2016

Die gesetzliche Neuregelung ist nur auf Arbeitsverträge anzuwenden, die nach dem 30. September 2016 begründet werden bzw. wurden. Enthalten nach dem 30. September 2016 abgeschlossene Arbeitsverträge Ausschlussklauseln, so müssen diese an die neue Gesetzeslage angepasst Infolge der Gesetzesänderung muss das Schriftformerfordernis durch das Textformerfordernis ersetzt werden.

Im Falle einer einstufigen Ausschlussfrist würde sich z.B. zukünftig folgende Formulierung anbieten:

  • „Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 (drei) Monaten gegenüber der jeweils anderen Vertragspartei in Textform (z.B. per Brief, E-Mail oder Telefax) geltend gemacht werden. Die Ausschlussfrist beginnt, wenn der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsteller von den anspruchsbegründeten Umständen Kenntnis erlangt oder grob fahrlässig keine Kenntnis erlangt hat. Die Versäumung der Ausschlussfrist führt zum Verlust des Anspruchs."

Hingegen können im Rahmen von Tarifverträgen auch noch nach dem 30. September 2016 Ausschlussfristen, die eine schriftliche Geltendmachung der Ansprüche vorsehen, wirksam vereinbart werden (vgl. § 310 Abs. 4 S. 1 BGB).

Bedeutung bei Altverträgen

Für vor dem 1. Oktober 2016 abgeschlossene Arbeitsverträge („Altverträge") hat die Neufassung des § 309 Nr. 13 BGB grundsätzlich keine Auswirkungen (vgl. Art. 229 § 37 EGBGB). Folglich bleiben in Altverträgen vereinbarte Schriftformerfordernisse in Ausschlussklauseln wirksam.

Wollen allerdings Arbeitgeber und Arbeitnehmer Altverträge nach dem 30. September 2016 ändern, ist Vorsicht geboten. Nach der Rechtsprechung des BAG (BAG v. 19.10.2011 – 4 AZR 811/09; v. 18.11.2009 – 4 AZR 514/08) kann sich ein Altvertrag durch eine Vertragsänderung nach dem Stichtag in einen nach diesem Datum abgeschlossenen Arbeitsvertrag „wandeln".

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Arbeitsvertragsparteien nach dem 30. September 2016 einzelne Vertragsbedingungen ändern und zugleich einen Passus im Änderungsvertrag aufnehmen, wonach die übrigen Vereinbarungen des Arbeitsvertrags von dieser Änderung unberührt bleiben. In diesem Fall haben die Arbeitsvertragsparteien zugleich den ursprünglichen Arbeitsvertrag in ihren rechtsgeschäftlichen Willen aufgenommen, so dass das ab dem 1. Oktober 2016 geltende Gesetzesrecht (§ 309 Nr. 13 BGB n.F.) zu berücksichtigen ist. Daher ist ratsam, im Zuge der Änderung eines Altvertrags auch eine vereinbarte Ausschlussklausel an die Anforderungen des § 309 Nr. 13 lit. b) BGB n.F. anzupassen.

Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber

Arbeitgeber sollten die von ihnen verwendeten Ausschlussklauseln der gesetzlichen Neuregelung anpassen. Beabsichtigen Arbeitgeber eine Änderung bereits bestehender Arbeitsverträge, sollten zu diesem Anlass auch in dem Altvertrag verwendete Ausschlussklauseln den Erfordernissen des § 309 Nr. 13 lit. b) BGB n.F. angepasst werden.